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Milliarden-Programm Das Ende der Kreidezeit naht

Die Klassenzimmer in Deutschlands Schulen sollen computertechnisch aufgerüstet werden.

Von Michael Bock 13.10.2016, 01:01

Magdeburg/Berlin l Die 40 000 Schulen in Deutschland sollen in den nächsten fünf Jahren mit einem Milliarden-Projekt für digitale Bildung fit gemacht werden. Bundesbildungsministerin Wanka stellte am Mittwoch Pläne für einen „Digitalpakt“ vor. Schulen sollen mit Breitbandanbindung, WLAN und Geräten wie Laptops oder Tablets versorgt werden.

Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) sagte: „Der Digitalpakt ist grundsätzlich zu begrüßen.“ Er werde zügig in die Gespräche mit dem Bund einsteigen, „um eine unbürokratische und effiziente Ausgestaltung für Sachsen-Anhalt sicherzustellen“. Hierzulande gibt es 800 Schulen. Noch ist unklar, wie viel Geld Sachsen-Anhalt genau von den zugesagten Milliarden bekommt. Sollte die sonst übliche Verteilung über den „Königsteiner Schlüssel“ erfolgen, wären es knapp 150 Millionen Euro.

Als Gegenleistung für das Extra-Geld sollen die für Schulpolitik eigentlich zuständigen Länder ihre pädagogischen Konzepte an das digitale Zeitalter anpassen. Also: Lehrer aus- und weiterbilden und gemeinsame technische Standards aufbauen. Ermöglicht wird dies – trotz des sogenannten Kooperationsverbotes von Bund und Ländern im Schulbereich – durch einen Kniff. Denn: Artikel 91c des Grundgesetzes ermöglicht die Zusammenarbeit in der Informationstechnik.

Derzeit ist der Rückstand der deutschen Schulen beim Lernen mit Notebooks und Tablets groß. Einer Studie zufolge können nur 1,6 Prozent der Pennäler jeden Tag Computer in der Schule nutzen. In der Ausstattung mit Computern und Internet gibt es bundesweit zudem große Unterschiede. Laut der im vorigen Jahr vorgelegten Studie „Schule digital“ waren die Lehrer in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Rheinland-Pfalz am zufriedensten mit der IT-Ausstattung. Jeweils zwei von drei Pädagogen halten diese für ausreichend. Dagegen sind es nur rund 40 Prozent in Sachsen, Sachsen-Anhalt,Schleswig-Holstein und Thüringen.

Minister Tullner betonte, die Verbesserung der technischen Infrastruktur sei nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite stünden die inhaltlichen und pädagogischen Aspekte. Ein besonderer Schwerpunkt werde die Qualifizierung von Lehrern sein: „Sie brauchen geeignetes Wissen über den Umgang mit den neuen Technologien, um Schülern Medienkompetenzen vermitteln zu können.“ Schon jetzt würden gezielte Fortbildungen für Lehrer angeboten.

Tatsächlich gibt es Nachholbedarf. Der Schul-Studie zufolge setzt nur knapp die Hälfte der Lehrer mindestens einmal pro Wochen im Unterricht Computer ein.

Die SPD ist grundsätzlich einverstanden mit dem Wanka-Vorstoß, beharrt aber auf ihrem Vorschlag einer „Bildungsallianz“ zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Diese umfasst auch die Schul-Sanierung und den Ausbau der Ganztagsschulen. Kosten: neun Milliarden Euro bis 2021. Der sachsen-anhaltische SPD-Bundestagsabgeordnete Karamba Diaby mahnte: „Es darf nicht passieren, dass wir am Ende in Deutschland einen Flickenteppich haben und die regionale Herkunft über den Grad an digitaler Bildung entscheidet.“ Und: „Allein Tablets und Notebooks bringen wenig, wenn der Putz von den Wänden bröckelt.“

Der DGB beziffert den bundesweiten Sanierungsstau an Schulen auf etwa 34 Milliarden Euro. Die Kommunen fordern höhere Investitionssummen. Für digitale Bildung müssten mindestens 2,5 Milliarden Euro pro Jahr aufgewendet werden, fordert der Städte- und Gemeindebund.