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Notstand Pflegeheimen gehen Fachkräfte aus

Seit Jahren steigt die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Sachsen-Anhalt. Die notwendigen Fachkräfte dafür fehlen zunehmend.

18.06.2017, 23:01

Magdeburg l Bis zum Jahr 2030 wird der Bedarf an Pflegefachkräften in Sachsen-Anhalt um bis zu 36 Prozent steigen. Doch schon heute haben viele Einrichtungen Probleme, Stellen zu besetzen – oder gar neue zu schaffen. Es fehlt vor allem qualifizierter Nachwuchs.

Nach Angaben des Verbands Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt (VDP) ist die Zahl der Schüler, die eine Pflegeausbildung anstreben, zwischen 2010 und 2016 um rund zehn Prozent gesunken, von 5236 auf 4712. In den Fachrichtungen Altenpflegehilfe und Kinderkrankenpflege sind die Lehrlings-Zahlen gar um mehr als 30 Prozent eingebrochen.

„Die Entwicklung ist fatal, denn gerade in Sachsen-Anhalt steigt die Zahl der Pflegebedürftigen in den kommenden Jahren besonders stark an“, erklärt VDP-Geschäftsführer Jürgen Banse. Aus seiner Sicht muss die Ausbildung endlich attraktiver gestaltet werden.

Die größten Probleme in der Pflegeausbildung sind seit langem bekannt, sie haben vor allem mit Geld zu tun: Ein Lehrling muss für eine Ausbildung noch immer bis zu 150 Euro pro Monat bezahlen, nach Angaben des VDP sind es im Schnitt um die 120 Euro. Das schreckt viele Interessenten von vornherein ab, zumal etwa in technischen Ausbildungsberufen inzwischen Lehrlingsentgelte von mehr als 1000 Euro monatlich gezahlt werden. Hinzu kommen erhebliche Verdienstunterschiede im späteren Berufsleben.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in Halle aus dem Jahr 2015 verdiente ein Krankenpfleger in Sachsen-Anhalt im Schnitt 2872 Euro pro Monat. Ein Altenpfleger hingegen kam im Monat nur auf 1789 Euro, erhielt also mehr als 1000 Euro weniger. „Das hat zur Folge, dass Nachwuchskräfte lieber als Krankenpfleger im Krankenhaus arbeiten, statt als Altenpfleger im Pflegeheim“, erläutert Banse.

Die Politik weiß um die Diskrepanzen, Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) etwa betont: „Wichtige Stellschrauben wären ein Tarifvertrag für die Pflege und eine einheitliche Pflegeausbildung.“ Hier sind allerdings zunächst Bundesregierung und Bundestag gefragt. Schon seit geraumer Zeit streitet Berlin über eine große Reform, ob sie noch vor der Wahl beschlossen wird, ist jedoch fraglich.

Berlin will die Ausbildung von Kranken- und Altenpflegern weitgehend vereinheitlichen, die Ausbildungsgebühren abschaffen. Dem Nachwuchs soll es künftig leichter möglich sein, zwischen Pflegeheim und Krankenhaus auch wechseln zu können. Doch bislang ist die Reform alles andere als ausgereift. „Unklar ist beispielsweise, wer die Pflegeausbildung künftig finanziert“, kritisiert VDP-Mann Banse. Auch sei noch immer nicht klar, wie die Lehrinhalte strukturiert werden sollen. „Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre ein Schnellschuss vor der Bundestagswahl.“