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Personalgezerre Datenschützer auf Abruf

Die Amtszeit des obersten Datenschützers in Sachsen-Anhalt endet in diesem Monat. Doch ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

Von Michael Bock 24.03.2017, 00:01

Magdeburg l Harald von Bose ist seit März 2005 Landesbeauftragter für den Datenschutz. Zwei Mal wurde der Jurist seitdem für jeweils sechs Jahre vom Landtag wiedergewählt. Eine dritte Amtszeit ist in diesem Job nicht vorgesehen. Doch der 61-Jährige kann seinen Schreibtisch noch nicht räumen – und das auf unbestimmte Zeit. Denn: Es steht in den Sternen, wer genau wann Nachfolger des gebürtigen Hamburgers wird. Von Bose übt ein Amt auf Abruf aus.

Hinter den Kulissen zeichnet sich indes ein Personalgezerre ab. Von Bose ist parteilos, er gilt aber als CDU-nah. Nun erheben die Grünen, seit Frühjahr 2016 in der Landesregierung, Anspruch auf das Amt des obersten Datenschützers. Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagt: „Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir einen Personalvorschlag machen.“

CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt will das nicht ganz so verstanden haben. Vereinbarung? Er spricht lieber von einer „Willensbekundung“ der Grünen. Und überhaupt: Die Stelle des obersten Datenschützers dürfe nicht nach dem Parteibuch besetzt werden. Vielmehr müsse es um fachlicher Eignung und Befähigung gehen, um Behördenerfahrung und juristische Kenntnisse. „Da kann man“, sagt Borgwardt, „keinen Waldläufer nehmen.“

Gerüchteweise ist zu hören, dass bei den Grünen bereits ein Name für das Datenschützer-Amt gehandelt wird: der des Landtagsabgeordneten Sebastian Striegel. Der möchte sich dazu nicht näher äußern. Lüddemann hält Striegel für eine „mögliche geeignete Person“.

Das Problem: Der streitbare Grünen-Innenpolitiker ist für viele in der CDU ein rotes Tuch. Schon jetzt kämpft der 35-Jährige etwa vehement gegen eine von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) geplante erweiterte Videoüberwachung. Etliche in der Union befürchten, dass Striegel als oberster Datenschützer zum obersten Blockierer werden könnte.

Auch von Bose hat mit datenschutzrechtlichen Bedenken den einen oder anderen in den zurückliegenden Jahren genervt. Doch der Jurist, ein ruhiger Charakter, hat es nie auf die Spitze getrieben. Striegel ist da anders gestrickt.

Die Nachfolge-Diskussion wird dadurch erschwert, dass CDU und Grüne derzeit in immer kürzer werdenden Abständen über Kreuz liegen. Viele in der CDU sind es leid, einer 5,2-Prozent-Partei ständig Zugeständnisse zu machen. Im Bundesrat etwa hatten die Grünen CDU und auch SPD beispielsweise in der Frage, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer einzustufen, zur Enthaltung genötigt. Und jetzt gibt es heftigen Streit um Seilbahnpläne im Harz.

Die frostige Stimmung dürfte die Neigung der CDU, den Grünen in der Personalfrage entgegen zu kommen, nicht unbedingt befördern. Einigkeit besteht bei CDU und Grünen zumindest in einem Punkt: Vor der parlamentarischen Sommerpause soll ein Kandidat gefunden sein.

Aber auch danach dürfte es spannend bleiben. Denn die Hürden für die Wahl des obersten Datenschützers sind hoch. Der Landtag wählt ihn mit der Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder. So steht es in der Landesverfassung. CDU, SPD und Grüne stellen zusammen 46 der 87 Landtagsabgeordneten.

Die SPD nimmt das Interesse der Grünen am DatenschützerAmt derweil recht gelassen zur Kenntnis. Die Sozialdemokraten verfolgen eigene Pläne. Sie wollen den neu geschaffenen Posten einer Gleichstellungsbeauftragten möglichst mit einer Person ihrer Wahl besetzen. Parteichef Burkhard Lischka: „Wir werden eine Kandidatin ins Rennen schicken.“

Die CDU droht beim Verteilungspoker leer auszugehen.