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Pflegenotstand Dramatischer Anstieg der Pflegefälle

Der Pflegeberuf soll attraktiver werden. Darum hat Sachsen-Anhalts Sozialministerium zum Runden Tisch geladen, denn der Bedarf ist dringend.

Von Jörn Wegner 22.11.2016, 00:01

Magdeburg l Mehr Geld, mehr Vollzeit – so könnte der Pflegeberuf in Sachsen-Anhalt attraktiver werden. Das zumindest ist das postulierte Ziel des Runden Tisches Pflege, der am Montag zum ersten Mal in Magdeburg zusammenkam. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) hatte Vertreter von Vereinen, Verbänden, Gewerkschaft und Wissenschaft eingeladen, um über die Zukunft der Pflege zu beraten.

Ausgangspunkt für den Runden Tisch war eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Pflege in Sachsen-Anhalt. Erstmals gebe es einen Überblick über die Situation im Land, heißt es aus dem Sozialministerium. Welche Konsequenzen nun gezogen werden, könne aber nach der Auftaktveranstaltung noch nicht gesagt werden, so Ministeriumssprecherin Ute Albersmann.

Das Thema Pflege ist durchaus ein ernstes. Einem wachsenden Bedarf stehen zu wenige Pfleger gegenüber. Denn die Altenpflege ist eine echte Wachstumsbranche. Laut IAB wird die Zahl der Pflegebedürftigen von rund 51 000 im Jahr 2013 bis 2030 auf 70 000 steigen. Der Mangel an Personal ist absehbar. Schon heute kommen auf 100 gemeldete Stellen für examinierte Altenpfleger nur 36 Bewerber. Die Erwerbslosigkeit unter den Fachpflegern liegt bei gerade 1,4 Prozent, 140 suchten 2015 eine Stelle.

Eines der Probleme: „Die Lohnspreizung ist zu groß“, sagt ver.di-Bezirksvorsitzender Oliver Greie. 1867 Euro verdient ein Altenpfleger in Sachsen-Anhalt, weit unter dem Bundesschnitt von 2553 Euro. Krankenpfleger verdienen 2905 Euro, bundesweit 3185.

Die Gewerkschaft möchte daher einen Tarifvertrag durchsetzen – und rennt damit offene Türen ein. „Wir unterstützen das sehr nachdrücklich“, heißt es aus dem Sozialministerium. Auch die AOK, die mit am Tisch sitzt und einen Teil der Kostensteigerung bezahlen muss, möchte die Tarifverträge akzeptieren: „Wenn Pflegeeinrichtungen ihr Pflegepersonal nach Tarif entlohnen, dann gehen wir natürlich mit, dazu sind wir gesetzlich verpflichtet“, sagt AOK-Vorstand Ralf Dralle. Ver.di schwebt dabei eine Anlehnung an den öffentlichen Dienst vor. Altenfachpfleger würden dann mindestens 2400 Euro verdienen.

Fast 60 Prozent der Altenpflege-Fachkräfte arbeiten in Teilzeit. Besonders betroffen sind Frauen. Ihr Anteil liegt bei 91 Prozent. 46 Prozent der Teilzeit-Pfleger geben an, keine Vollzeitstelle finden zu können. Auf der anderen Seite bleiben der Arbeitsagentur gemeldete Stellen im Schnitt 114 Tage unbesetzt – ein Rekord. Mehr Vollzeitstellen sind daher das Ziel des Sozialministeriums. Genauso wie mehr Qualifikation, denn der größte Teil des arbeitssuchenden Pflegepersonals ist nicht examiniert.

Ver.di-Chef Greie hält die Initiative der Sozialministerin für eine gute Idee. „Ich finde das als ersten Auftakt richtig gut.“