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Pisa-Studie Jeder sechste Schüler wird gemobbt

Die neue Pisa-Studie behandelt das Wohlbefinden in der Schule. Die Mobbing-Probleme nennt Sachsen-Anhalts Bildungsminister alarmierend.

Von Steffen Honig 20.04.2017, 01:01

Magdeburg l Marco Tullner hebt hervor, dass die Pisa-Ergebnisse einerseits eine Bestätigung der Arbeit der vielen engagierten Lehrer seien: „Dass sich Schüler überwiegend wohlfühlen, erleichtert das zukunftsorientierte Arbeiten mit ihnen.“ Einschränkend erklärt er aber: „Dennoch ist gerade die hohe Zahl der Mobbing-Opfer alarmierend.“

Und das sind die Tatsachen, die die Pisa-Studie ausweist: In Deutschland wird fast jeder sechste 15-Jährige (15,7 Prozent) regelmäßig Opfer von körperlicher oder seelischer Misshandlung durch Mitschüler. Im Schnitt aller Teilnehmerländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie von den Partnerstaaten ist sogar nahezu jeder Fünfte (18,7 Prozent) mehrmals im Monat von Mobbing betroffen.

Fast jeder zehnte 15-Jährige aus Deutschland (9,2 Prozent) beklagt, immer wieder Ziel von Spott und Lästereien zu sein. 2,3 Prozent der Befragten gaben an, in der Schule herumgeschubst und geschlagen zu werden. Insgesamt sind Jungen laut OECD häufiger Mobbing-Opfer als Mädchen. Diese sind stärker von Ausgrenzung und bösen Gerüchten betroffen. Auch auf Schulleistungen hat dieser Stress oft negative Auswirkungen.

Bildungsminister Tullner erläutert, wie das Land gegensteuert: „Die Schulen sind in Sachsen-Anhalt auf vielfältige Weise auf solche Fälle vorbereitet. Für die Schulen gibt es Qualifikations- und Unterstützungsangebote. Schulpsychologen stehen z.B. für die Aufarbeitung und Verarbeitung für Mobbingfälle oder stets für Störungssituationen an Schulen bereit."

Der Krisenordner an allen Schulen liefere darüber hinaus weitere Hilfestellungen und enthalte Kontaktdaten für besondere Situationen, so Tullner weiter. „Viele Schulen haben Vertrauenslehrkräfte benannt, an die sich Schüler oder Eltern wenden können.“ Der Minister versichert: „Wir werden weiter intensiv an der Sensibilisierung von Lehrkräften arbeiten, damit Mobbing-Situationen früh erkannt oder im Vorfeld präventiv verhindert werden können.“

Die Landeschefin der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung (GEW) Eva Gerth verweist darauf, dass dies für die Lehrer einen erhöhten Arbeitsaufwand bedeutet. „Dieser ist gewiss notwendig. Aber mehr Aufgaben und weniger Personal – diese Rechnung geht nicht auf.“

Befragt worden waren für die Studie 2015 rund 540.000 Teilnehmer aus 72 Ländern, darunter 10.000 aus Deutschland. In der Bundesrepublik fühlen sich Jugendliche demnach an ihrer Schule überwiegend wohl und empfinden relativ wenig Stress durch Hausaufgaben oder Prüfungen. Interesse und Hilfestellung von Eltern für den Unterricht ihrer Kinder sind sehr ausgeprägt. „Teenager, die sich als Teil einer Schulgemeinschaft fühlen und gute Beziehungen mit ihren Eltern und Lehrern pflegen, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit bessere schulische Leistungen erbringen und insgesamt glücklicher sein“, schreibt die OECD.

Drei von vier Jugendlichen (75 Prozent) empfinden ein überdurchschnittlich starkes Zugehörigkeitsgefühl für ihre Schule und die Mitschüler (OECD: 73 Prozent).

Insgesamt liegt Deutschland beim Wohlbefinden der Schüler international im vorderen Bereich. Die Verbindung eines leistungsfähigen Bildungssystes und einem hohen Wohlfühlfaktor gelingt einigen Staaten in Europa allerdings besser. In Finnland oder Estland haben Lehrer deutlich mehr Zeit für ihre Schüler.