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ProtesteBürger siegen gegen Pferdesteuer

Um ihre klamme Kasse aufzubessern, plante Sülzetal eine Pferdesteuer. Empörte Bürger brachten die Pläne mit massiven Protesten nun zu Fall.

Von Alexander Walter 06.04.2017, 01:01

Sülzetal l Osterweddingen im Bördekreis. Mehr als 200 Menschen, darunter Vertreter von Reitverbänden, drängen zum Rathaus des Ortsteils der Gemeinde Sülzetal. Sie protestieren gegen einen Vorstoß ihrer Verwaltung: Um klamme Kasssen zu füllen, schlägt die eine Pferdesteuer vor. Das heißt: Ähnlich wie Hundehalter sollen auch Pferdebesitzer künftig eine Abgabe zahlen.

Der Vorstoß ist aus purer Not geboren: In Sülzetal klafft ein Haushaltsloch von fünf Millionen Euro, die Gemeinde befindet sich in der Konsoliderung. Der Landkreis hat die Kommune unmissverständlich aufgefordert, zusätzliche Einnahmen zu prüfen. „Wir sind verpflichtet, alle Möglichkeiten auszuloten“, sagt Bürgermeister Jörg Methner (SPD).

Die Pferdesteuer sorgt für einen Aufschrei unter Bürgern und Reitverbänden. Es gibt 57 Pferdehalter mit 240 Tieren in der Gemeinde. Nach dem Vorschlag soll jeder, der sein Tier nicht zum Haupterwerb nutzt, pro Tier künftig 500 Euro zahlen. Die Gemeinde könnte dadurch bis zu 120.000 Euro zusätzlich verdienen.

Prinzipiell ist die Steuer zulässig, sagt Jürgen Leindecker, Geschäftsführer beim Städte- und Gemeindebund. Ob die Einnahmen den Aufwand lohnen, müssten aber die Gemeinden entscheiden. Vorstöße für die Huftier-Abgabe gab es bereits in Schraplau im Saalekreis, in Oebisfelde (Bördekreis) sowie in der Landeshauptstadt – alle sind gescheitert. In Magdeburg hatte der Stadrat erst im November einen Vorstoß der Linken abgelehnt. Das Einnahme-Potenzial weckt immer wieder Begehrlichkeiten: In ganz Sachsen-Anhalt gibt es nach Angaben der Tierseuchenkasse rund 28.500 Pferde. Wären bei 500 Euro pro Tier gut 14 Millionen Euro Zusatz-Einnahmen für die Kommunen.

Die Idee einer Pferdesteuer wird in auch in anderen Bundesländern immer wieder diskutiert. Mehrere hundert Gemeinden haben die Einführung bereits geprüft. Aktuell gibt es die Abgabe aber nur in drei Kommunen in Hessen. Die Konsequenzen der Steuer waren für die betroffenen Pferdehalter zum Teil dramatisch. Im hessischen Kurstädtchen Bad Sooden-Allendorf etwa wurde die Steuer 2013 eingeführt. Zwei Jahre später löste sich der Reitverein im Ort auf. Zuletzt stand die gesamte Vereinsanlage zum Verkauf. Vertreter der Industrie- und Handelskammer sprachen von wirtschaftlichen Schäden für die Region in Höhe von bis zu 600.000 Euro.

Anja Kötz-Körber hat sich besonders vehement gegen die Steuerpläne in Sülzetal engagiert. In Osterweddingen betreibt sie eine Pferdepension mit 50 Tieren. Die Hälfte der Besitzer habe angekündigt, die Pferde zu verkaufen oder in andere Gemeinden umzuziehen, falls die Abgabe kommt, sagt sie. „Bei solchen Aussichten könnte ich meinen Hof gleich zumachen“, sagt Kötz-Körber.

Der Druck der Straße hat die Fraktionen im Osterweddinger Rathaus offenbar beeindruckt. Den Vorschlag für die Pferdesteuer haben sie jetzt zurückgezogen. Dieser wird am Donnerstag nicht mehr in der Sitzung des Hauptausschusses diskutiert, versichert am Mittwoch Bürgermeister Jörg Methner. Das Thema sei für ihn erledigt.

Die Bürger trauen dem Frieden nicht so ganz. Auch heute Abend wollen sie wieder gegen die Steuer demonstrieren. Anja Kötz-Körber: „Dass die Steuer vom Tisch ist, soll uns der Bürgermeister nochmal selbst sagen.“