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ProzessFirma weg, von der Exfrau angezeigt

Der Staatsanwalt fordert drei Jahre Haft für einen 80-jährigen Zerbster wegen Subventionsbetruges. Angezeigt hat ihn seine Ex-Frau.

Von Franziska Ellrich 22.02.2017, 00:01

Halle/Zerbst l Immer wieder reibt sich der Angeklagte am Dienstagvormittag die feuchten Augen. Er wirkt verzweifelt. Der fast 80 Jahre alte Siegfried R. kann die Tränen nicht mehr wegdrücken. Tief gebeugt sitzt er auf der Anklagebank im Landgericht Halle. Während seine Verteidigerin zurückblickt: Im Jahr 1997 beschließt der Ingenieur, die Blechbearbeitungsfirma Siro in Zerbst (Anhalt-Bitterfeld) zu gründen. Er beginnt mit sieben Angestellten. Heute heißt die Siro Z-Blech und beschäftigt rund 200 Mitarbeiter.

Ende der 90er Jahre will der Angeklagte expandieren und die Werkzeugmaschinenfabrik (Wema) schlägt eine Kooperation vor. Die Wema ist damals wie heute der größte Arbeitgeber in Zerbst und liegt in direkter Nachbarschaft zur Siro. Der Deal ist schnell gemacht: An die Wema gehen 24,8 Prozent Anteile der Siro. Gemeinsam wird über die Anschaffung neuer und enorm teurer Maschinen für die Blechbearbeitung entschieden. Dafür beantragt der damalige Siro-Geschäftsführer Fördermittel vom Land. Investitionszulagen in Millionenhöhe werden ausgezahlt.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Die Zuschüsse vom Land waren nur für kleine und mittlere Unternehmen gedacht. Dazu hätte die Siro aufgrund der engen Verflechtung mit der Wema nicht zählen dürfen. In ihrem Schlussplädoyer spricht die Staatsanwältin von einem „Riesen-Einfluss“ der Wema. Zum einen hätten die Siro-Maschinen in einer der Hallen der Wema gestanden. Zum anderen wurden die Maschinen sowohl von Mitarbeitern der Wema ausgesucht als auch bedient. „Schichtpläne und Wartung, alles hat die Wema geregelt“, erklärt die Staatsanwältin.

Der größte Teil der Aufträge sei von der Emag-Gruppe gekommen. Die Wema ist eine hundertprozentige Tochter. Bei der Emag ist die Rede von einem Jahresumsatz im dreistelligen Millionenbereich. Offensichtlich sei der Unternehmer von der Wema ausgenutzt wurden, so die Staatsanwältin. Angeklagt ist trotzdem der Siro-Gründer wegen Subventionsbetrugs in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft. Und erklärt, dass der Reisepass des Angeklagten eingezogen werden sollte. In ihren Augen bestehe Fluchtgefahr, da der derzeit in Wittenberg lebende Siegfried R. noch einen zweiten Wohnsitz in Thailand hat.

Dann sind die Verteidiger mit ihren Schlussvorträgen dran. Sie bringen die Ex-Frau des Angeklagten und ihren „Belastungseifer“ ins Spiel. Sie soll den Unternehmer angezeigt haben. Anders als die Staatsanwaltschaft, die bei dem Angeklagten eine „kriminelle Energie“ erkennt, sprechen die Verteidiger von „Blauäugigkeit“. Und sie geben, wenn überhaupt, den Mitarbeitern des Finanzamtes die Schuld: Die beantragten Zuschüsse seien für die verschiedenen Maschinen immer wieder genehmigt und ausgezahlt worden. Trotz permanenter Prüfungen, auch vor Ort.

In keinem Fall halten die Rechtsanwälte eine Haftstrafe für angemessen. „Sein Lebensabend ist sowieso schon ruiniert.“ Seit den Durchsuchungen im Jahr 2008 leide der Angeklagte unter den Vorwürfen, jetzt wolle sich noch seine Frau von ihm trennen und auch finanziell sei dem ehemaligen Unternehmensgründer nichts geblieben. Mit einer verhältnismäßig geringen Abfindung musste der Ex-Siro-Chef im Jahr 2010 gehen. Der Angeklagte sagte am Ende des Prozesstages betrübt, er habe nichts mehr zu erwarten.Das Urteil soll in der nächsten Woche fallen.