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Radio-Affäre Bullerjahn: „Seid Ihr alle bekloppt?“

Der Finanzminister verteidigt sich in der Radio-Affäre erregt gegen Kritik. Doch die CDU hält sich zurück.

Von Hagen Eichler 19.09.2015, 01:01

Magdeburg l Die Landtagsdebatte um den Vorwurf gekaufter Sendungen bei Radio SAW hat eine deutliche Kluft zwischen den Koalitionsparteien CDU und SPD offenbart. Die Opposition attackierte die Landesregierung am Freitagmorgen hart. Wirkliche Gegenwehr kam indes von der SPD allein.

Es geht um Sendungen, in denen die SPD-Minister Jens Bullerjahn, Angela Kolb und Norbert Bischoff aufgetreten waren. Die Volksstimme hatte aufgedeckt, dass die Ministerien Radio SAW direkt oder über die Investitionsbank bezahlt haben – nach eigenen Angaben jedoch nur für Werbespots.

Dennoch hätten sie durch die Zahlungen Einfluss auf die Sendung gewonnen, kritisierten Grüne und Linke. „Kritiker kamen nicht zu Wort. Austausch von Argumenten? Fehlanzeige“, konstatierte der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel. Finanzminister Bullerjahn habe ein Geflecht aus Gefälligkeiten gestrickt. So habe ihm die SAW-Moderatorin Maren Sieb den Wahlkampf organisiert und sei anschließend zur Lotto-Chefin aufgestiegen – ohne kaufmännische Erfahrung. „Dieser Filz ist Gift für die politische Kultur im Land“, griff Striegel Bullerjahn an.

Den hielt es bisweilen kaum auf der Regierungsbank. Der Linken-Abgeordnete Stefan Gebhardt brachte den Minister über den Siedepunkt, indem er aus der zweistündigen SAW-Sendung Sätze zitierte, die das Programm Stark III in höchsten Tönen lobten. „Seid Ihr denn alle bekloppt?“, erregte sich Bullerjahn und rief, er habe nur zehn Minuten an der Sendung teilgenommen.

Ans Rednerpult schritt er nicht, dafür verteidigte Justizministerin Kolb ihr Agieren. Sie sei dankbar, dass eine SAW-Sendung dem Opferschutz so viel Platz eingeräumt habe. Eine Öffentlichkeits-Kampagne zum Opferschutz sei vom Landtag ausdrücklich gewünscht gewesen. Ja, ihr Ministerium habe Geld an SAW gezahlt, allerdings nicht, um persönliche Redezeit für die Ministerin zu kaufen. „Wir haben Werbespots für die Sendung gekauft“, betonte sie.

Gleichlautend argumentierte die SPD-Abgeordnete Petra Grimm-Benne im Fall Bullerjahn. Dass der Finanzminister in die beworbene Sendung geladen wurde, sei selbstverständlich. „Er ist der Ressortchef, ich verstehe nicht, was daran verwerflich ist.“ Dem grünen Kritiker Striegel überreichte sie einen Stoffbeutel mit der Aufschrift „Klugscheißer“. Der revanchiert sich nach einem Blick in den leeren Beutel über Twitter mit dem Satz, Grimm-Benne habe „nur heiße Luft überbracht“.

Demonstrativ ungerührt von der Debatte zeigte sich die CDU. Für die bedrängten Sozialdemokraten rührte sie kaum eine Hand. Ihr Redner Markus Kurze sagte, aufklären könne den Fall allein die Landesmedienanstalt: „Das ist der richtige Weg.“