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Reformation Eine Stadt als große Freiluft-Arena

Für die Weltausstellung 2017 wird sich die Wittenberger Innenstadt ab 20. Mai in eine Ausstellungs-Freiluft-Arena verwandeln.

Von Grit Warnat 04.02.2017, 00:01

Wittenberg l Es ist lebhaft im ehemaligen Melanchthon-Gymnasium. Dort waren vor einem Jahr die Planer und Organisatoren des Reformaionsjubiläums eingezogen, dort läuft alles zusammen für die im Mai beginnende große Weltausstellung Reformation. Draußen vor der Tür stehen mitten im Grün erste Stelen – Säulen, die im zukünftigen „Torraum Jugend“ ein Labyrinth werden sollen. Sie geben einen kleinen Vorgeschmack auf das, was da im Sommer die Besucher erwarten mag.

Wittenberg zieht sich für seine weltoffene Ausstellung nicht zurück in Häuser, sondern lädt passend zum großen Open Air. Wie einst Martin Luther setze die Stadt auf freiheitliche Gedanken, sagt Angelika Beer vom Reformationsjubiläum 2017 e.V. Wie bei einer Kulturhauptstadt soll es überall in der Altstadt Installationen, Bühnen und jede Menge Orte für Dialoge geben.

Überschrieben sind diese Ausstellungsflächen „Tore der Freiheit“, es sind sieben Stück an der Zahl, die entlang der Wallanlagen um die Wittenberger Altstadt führen werden. Die Tore stehen für Themenräume wie Spiritualität, Jugend, Frieden und Gerechtigkeit, Globalisierung, Kultur, Ökumene und Religion. Studenten von 21 deutschprachigen Hochschulen hatten ihre Ideen einer Jury vorgestellt. Gewonnen haben die Entwürfe der Bauhaus-Universität Weimar, der Fachhochschule Salzburg, der Universität Wien, der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, der Hochschule für Technik Stuttgart, der Berliner Universität der Künste und des Fachbereichs Design der Hochschule Düsseldorf sowie des Fachbereichs Gestaltung der Hochschule Mainz.

Das „Welcome“ der Weimarer Studenten wird die Weltausstellungsgäste am Bahnhof begrüßen: Ein 25 Meter hoher Turm, weithin sichtbar, begehbar, leicht aufgeschlagen wie eine Bibel. Für Zuganreisende soll es nicht nur ein Begrüßen sein, sondern ein erstes Begegnen mit Luther, dem Buchdruck, seinen Thesen.

Von dort aus gibt es erste Blicke auf das Jubiläumsgeschehen in der Stadt. Das präsentiert sich vielseitig bunt zwischen Pkw-Anhängern mit transparenten Glaskuben, die im Ausstellungsgelände immer wieder neu positioniert werden können und von der Globalisierung der Welt erzählen sollen, und Booten am Schwanenteich, die von Salzburger Studenten und Flüchtlingen geflochten wurden. Sie symbolisieren nicht nur Flucht, sondern auch die große Hoffnung auf ein neues Leben in Europa. Und so wie sich Flüchtlinge in der neuen Heimat neu orientieren müssen, so sollen sich im Laufe der Weltausstellung die Boote verändern.

Noch ist alles festgehalten auf Papier, gibt es Entwürfe im Miniaturformat. Immer noch wird gedanklich daran gearbeitet, wird verfeinert. Ende Februar, so sagt Angelika Beer, aber soll das finale Bauen starten, sollen die sieben Tore der Freiheit entstehen.

Ein bewusst gesetzter Gegenpart zum Freiheitsgedanken ist die Ausstellung internationaler Gegenwartskunst im ehemaligen Gefängnis von Wittenberg. Für „Luther und die Avantgarde“ werden Zellen, einen bis zehn Quadratmeter klein, von 70 Künstlern gestaltet – darunter Ai Weiwei, Jonathan Meese, Olafur Eliasson, Markus Lüpertz, Alexander Kluge. Es geht um sehr persönliche künstlerische Sichten auf Freiheit, Individualität oder Widerstand. Zahlreiche Arbeiten werden für diesen ganz speziellen Ausstellungsort geschaffen. Walter Smerling, Vorsitzender der Stiftung für Kunst und Kultur e.V. und Sprecher des Kuratoriums, nennt die Ausstellung eine aktuelle Bestandsaufnahme künstlerischen Schaffens, die Positionen zu Phänomenen versammele, die uns heute weltweit beschäftigen.

Zwischen all den Aktionen, Installationen, Konzerten und Ausstellungen werde viel Zeit dem Dialog auf Podien, in Workshops und Diskussionsrunden gewidmet, sagt Angelika Beer, die für die 16 Themenwochen verantwortlich zeichnet. Dieses inhaltliche Begleitprogramm zu gesellschaftlich aktuellen Fragen sei noch nicht komplett, aber zwei Themenbereiche würden sich wie ein roter Faden durch die Wochen ziehen: Krieg, Frieden, gesellschaftliches Klima und die Frage nach dem Miteinander der Generationen und Menschen unterschiedlicher Prägungen.

Die Tageskarte zur Weltausstellung kostet 19 Euro (ermäßigt 14 Euro), zudem gibt es verschiedene Saison- und Kulturtickets.