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Rückzahlung Streit um eine Million Euro

Die Strafanzeige des Steuerzahlerbundes gegen den Landtag schlägt hohe Wellen. Nun soll der Staatsanwalt entscheiden.

06.12.2016, 23:01

Magdeburg l Der Landesrechnungshof hatte 2012 alle Fraktionskassen überprüft. Bemängelt wurden auch Broschüren und Pkw-Fahrten. Sein Hauptvorwurf aber war, dass die Fraktionen Ende 2011 zu hohe Rücklagen in ihren Kassen gebildet hatten. Die CDU hatte mehr als 900.000 Euro auf der hohen Kante, SPD und Linke je etwa eine halbe Million Euro, die Grünen gut 270.000 Euro. Die Gelder sind für die Fraktionsarbeit da und nicht, um sich übermäßig dicke Polster zuzulegen.

Der Rechnungshof forderte die Fraktionen deshalb auf, von den 2,2 Millionen Euro rund 1,1 Millionen in die Landeskasse zurückzugeben. Das legten die Prüfer in ihrem Abschlussbericht im Sommer 2014 penibel dar. Doch die Fraktionen lehnten die Rückzahlungen ab. Sie waren lediglich bereit, künftig Rücklagen zu begrenzen. Heute hat etwa die CDU noch 600.000 Euro Reserven.

Die monierte Summe eintreiben musste der Landtagspräsident, da der Rechnungshof keinen direkten Zugriff auf die Fraktionskassen hat. Der damalige Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) setzte sich 2014 mit dem damaligen Rechnungshofpräsidenten Ralf Seibicke ins Benehmen. Der Streit ging bis ins Jahr 2015. Ende Februar 2015 lief Seibickes Amtszeit aus. Kurz darauf, im April, teilte Gürth den Fraktionschefs mit, dass die Fraktionen lediglich kleinere Summen zu zahlen hätten: wegen einiger umstrittener Broschüren und Veranstaltungen. Die CDU zahlte 114 Euro zurück, die SPD 654 Euro. Dies sei eine „einvernehmliche“ Lösung mit Seibicke gewesen – bestätigte Gürth am gestrigen Dienstag der Volksstimme.

Einvernehmlich? Seibicke fiel aus allen Wolken, als ihn die Volksstimme dazu befragte. „Das ist ja unglaublich. Ich hatte bis zuletzt auf Rückzahlungen in erheblicher Höhe bestanden.“ Die von gezahlten Beträge nannte er „lächerlich“.

Von der Diskrepanz hat jetzt der Bund der Steuerzahler Wind gekriegt. Die gesamten, vertraulichen Prüfungsdaten wurden dem Verein offensichtlich zugespielt. Landeschefin Helga Elschner hat Strafanzeige gegen den Landtag gestellt. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg bestätigte den Vorgang: „Wir haben ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.“ Der seit April 2015 amtierende Rechnungshofpräsident Kay Barthel bestätigte die vom Steuerzahlerbund vorgelegten Zahlen.

Elschner hatte die Fraktionen auch hinsichtlich ihrer jährlichen Zuschüsse als verschwenderisch kritisiert. Die Landtagsverwaltung wies das gestern zurück. Ein Blick in die Nachbarländer zeigt, dass andere Landtage mehr pro Abgeordneten ausgeben.

Strittig bleibt allerdings die Rückzahlungsforderung. Die Landtagsverwaltung hält das Problem für erledigt und verweist auf ein Schreiben des Rechnungshofs vom 2. Oktober 2015, wonach dieser die besagte Fraktionskassenprüfung für abgeschlossen erklärt. Da war bereits Seibickes Nachfolger Barthel im Amt. Konfrontiert mit Seibickes Aussage sagte er der Volksstimme: „Ich werde mir den Vorgang noch einmal anschauen.“