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Sachsen-Anhalt Steuerhinterziehung in Millionenhöhe?

Norbert Diehl weist den Vorwurf des Steuerbetrugs zurück und das Landgericht nimmt Geschäft des Bistums Magdeburg unter die Lupe.

18.04.2017, 17:23

Magdeburg l Norbert Diehl betritt den Gerichtssaal am Dienstagmorgen gut vorbereitet. In der Hand hält er einen Aktenordner. Sorgsam abgeheftet, hat er Kopien seiner Steuererklärung, Schriftverkehr und ein Organigramm gesammelt, um das Geflecht zwischen dem Bistum Magdeburg, dem süddeutschen Energieversorger EnBW und der WB Windpark zu erklären. Diehl muss sich verteidigen. Denn die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Geschäftsführer der Windpark-Betriebsgesellschaft Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor.

Diehl bestreitet das und sagt am Anfang seiner Ausführungen: „Ich fühle mich unschuldig. Der Tatvorwurf bleibt vollkommen unverständlich. Ich fühle mich ungerecht behandelt und verfolgt." Diehl deutet am Rande des Prozesses an, nicht zufällig persönlich Ziel der Vorwürfe zu sein – will das aber nicht näher erläutern.

Als Geschäftsführer der WB Windpark soll Norbert Diehl in der Steuererklärung für das Geschäftsjahr 2006 falsche Angaben gemacht haben. Seinem Unternehmen sei in diesem Jahr ein Darlehen in Höhe von gut vier Millionen erlassen worden.

Diehl hätte den Betrag als Gewinn angeben müssen, sagt die Staatsanwaltschaft. Weil er das nicht tat, seien dem Fiskus Steuern in Höhe von 2,1 Millionen Euro entgangen.

Vor fast 20 Jahren hatte er als Geschäftsführer der WB Windpark, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft des Magdeburger Bistums, den Stromlieferungsvertrag mit EnBW unterzeichnet. Doch offenbar hatten sich die Manager der Baden schwer verkalkuliert, räumten den Magdeburgern unerhört günstige Konditionen ein. Für die EnBW drohte der Vertrag zum großen Verlustgeschäft zu werden.

Der Stromversorger handelte daraufhin mit dem Bistum mehrere Vergleiche aus. Die Kirche erhielt insgesamt 14,1 Millionen Euro als zinslose Darlehen und eine Spende in Höhe von drei Millionen Euro. 2006 einigten sich Bistum und EnBW jedoch darauf, dass die Darlehenssumme nicht voll zurückgezahlt werden müsse. Vier Millionen Euro wurden den Magdeburgern gutgeschrieben.

Die Staatsanwaltschaft pocht darauf, dass dieser Betrag der WB Windpark zugestanden hätte. Diehl betont hingegen, dass es zwischen seinem Unternehmen und EnBW zu dem Zeitpunkt keine Geschäftsbeziehungen mehr gegeben habe. An den Verhandlungen um den Erlass des Darlehens sei er nicht beteiligt gewesen. Gleichwohl sei er vom Bistum über den Stand der Dinge informiert worden, erzählt Diehl. Der damalige Generalvikar der Kirche, Raimund Sternal, habe Diehl den Vertrag vorgelegt. Von seinen Steuerberatern habe er den Kontrakt auch auf eventuelle steuerliche Folgen für die WB Windpark abklopfen lassen. „Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen“, sagt Diehl.

Vier weitere Verhandlungstage hat das Gericht bis Ende Mai angesetzt. Licht in die Vertrags- und Geschäftsbeziehungen sollen weitere Zeugen bringen: Neben Finanzbeamten und Diehls Buchhalterin soll auch der ehemalige Geschäftsführer der Gero AG, Dirk Nowak, aussagen. Unter dem Dach der Gero waren die Beteiligungen des Bistums zwischen 2003 und 2011 verwaltet worden.