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Schule Lehrerverbände kritisieren Finanzminister

Sachsen-Anhalts Lehrerverbände reagieren mit scharfer Kritik auf die Forderung von André Schröder (CDU), Lehrer sollten mehr unterrichten.

Von Alexander Walter 01.06.2017, 01:01

Magdeburg l Nach der Forderung von Finanzminister André Schröder, Lehrer sollten häufiger vor der Klasse stehen, hagelt es Kritik von Gewerkschaften und Verbänden. „Bei uns gibt es massives Unverständnis über die Äußerungen. Sie sind unredlich“, sagte Thomas Gaube, Vorsitzender des Philologenverbandes, der die Gymnasiallehrer vertritt.

Empört zeigte sich Gaube über die ins Gespräch gebrachte Idee, die Wochenarbeitszeit für Lehrer zu erhöhen. Schröder hatte auf darauf verwiesen, dass Lehrer mit 21,5 Stunden in Sachsen-Anhalt im Jahr 2011 effektiv seltener vor der Klasse standen als Lehrer in den meisten anderen Bundesländern.

„Die Gymnasiallehrer gehen 25 Stunden in die Schule. Wenn sie dann mit 22 oder 23 Stunden vor der Klasse stehen, hat das gute Gründe“, kontert Gaube.

Entweder seien Kollegen in einem Alter, in denen ihnen Ermäßigungen verdientermaßen zustehen oder sie übernähmen andere Aufgaben, etwa in der Schulleitung. Die Äußerungen Schröders lägen nahe an denen des Altkanzlers Gerhard Schröder (SPD). Dieser hatte Lehrer einst als „faule Säcke“ bezeichnet.

Protest kommt auch von der Lehrergewerkschaft GEW: Die Zahl der erteilten Unterrichtsstunden sei nur bedingt tauglich, um die Effizienz im Bildungssystem zu messen. Jedes Bundesland organisiere Schule auf andere Weise. „Hier vergleicht man Äpfel mit Birnen“, sagte die Vorsitzende Eva Gerth. Dass die Schulen schon jetzt nur noch auf Verschleiß gefahren werden, belegten zahlreiche Unmutsbekundungen der Kollegen. Der Anteil von Langzeiterkrankungen sei massiv gestiegen. Die Äußerungen des Finanzministers wirkten kontraprodutiv und zeugten vom mangelnden Respekt gegenüber der Arbeit in den Schulen.

Thomas Lippmann, bildungspolitischer Sprecher der Linken, hält die vom Finanzminister vorgelegten Zahlen für unbrauchbar: Sie seien veraltet und gäben die Realität nicht wieder, sagte er. Grund sei vor allem der in Sachsen-Anhalt hohe Anteil von Lehrern in der Ruhephase der Altersteilzeit. Diese würden zwar als Lehrkräfte erfasst, hielten aber keine Stunde und drückten so den Durchschnitt um fast eine Stunde.

Schelte kommt auch vom Koalitionspartner SPD: Erhöhungen der Stundenzahl „wurden bei den Koalitionsverhandlungen ausdrücklich verworfen“, betonte der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Andreas Schmidt. Wer dies tun wolle, müsse nachweisen, dass der Aufwand für Vorbereitungen zurückgegangen sei. Daran seien schon andere gescheitert. Schmidt: „Diesen Weg gehen wir nicht mit.“

Tatsächlich war Niedersachsen 2015 mit dem Versuch gescheitert, die Zahl der Pflichtstunden für Gymnasiallehrer von 23,5 auf 24,5 um eine Stunde zu erhöhen. Eine Umfrage dort ergab, dass die Lehrer inklusive Vorbereitungen am Nachmittag effektiv mehr als 49 Stunden in der Woche arbeiteten – weit mehr als verlangt. Weil das Land dies nicht berücksichtigt hatte, kassierten Gerichte die Erhöhung.

André Schröder hat unterdessen auf Proteste von Gewerkschaften reagiert. Es gehe ihm nicht um eine pauschale Anhebung der Arbeitszeit, sondern um die Vorrangigkeit von Unterrichtsstunden, stellte er klar. Schröder wörtlich: „Ich unterstütze den Bildungsminister ausdrücklich, wenn er dafür sorgt, dass die Lehrerschaft innerhalb ihrer Arbeitsbelastung mehr unterrichtet.“