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Straftaten Häufiger politische Schmierereien

Rassistische und linksextreme Graffiti sind verboten. Die Zahl solcher Schmierereien ist in den vergangenen Jahren gestiegen.

Von Romina Kempt, dpa 18.06.2016, 17:00

Halle/Magdeburg (dpa) l Ausländerfeindliche Sprüche an Flüchtlingsheimen, Hakenkreuze auf Schulbänken und Antifa-Symbole in Bahnhöfen: Überall im Land lassen sich Schmierereien mit rechts- oder linksextremen Inhalten finden. Die Zahl solcher Graffiti wächst seit einigen Jahren drastisch, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Polizeibeamte, Opferberater und Verbände warnen vor einer Bagatellisierung der Taten.

"Politisch motivierte Graffiti gab es schon immer", sagte das Vereinsmitglied der Gütegemeinschaft Anti-Graffiti, Michael Kupfer, in Berlin. Doch in den vergangenen Monaten und Jahren seien die Schmierereien immer häufiger aufgetaucht – vor allem in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften. Meist machten sich die Täter mit Spraydosen aus dem Baumarkt oder wasserfesten Filzstiften ans Werk.

Oft hinterließen sie Hakenkreuze und andere szenetypische Symbole wie Siegrunen, erklärte der Sprecher des Landeskriminalamts (LKA), Andreas von Koß, in Magdeburg. Die Zeichen und Sprüche sollen "öffentlichkeitswirksam" sein. Deshalb stünden sie oft gut lesbar an Fassaden von Büros, Wohnhäusern, Bahnhofsgebäuden, Schulen. Sie sind zudem an Brücken und in Parkanlagen zu finden.

Gesonderte Statistiken zu rechts- und linksextremen Graffiti führt das LKA nicht. Unter dem Stichwort "Schmierereien" gibt es jedoch den Angaben zufolge in den Datensammlungen zu politisch motivierten Straftaten im vergangenen Jahr 829 Einträge. 2014 wurden 797 derartige Verstöße registriert, im Jahr 2006 waren es nur 545.

Mehr als drei Viertel aller Schmierereien im Land sind laut LKA rechts motiviert. Auf das Konto linksextremer Sprayer gehen zwölf Prozent aller registrierten Schmierereien. Die übrigen Graffiti seien nicht zuzuordnen. Die Ausrichtung lasse sich fast immer nur anhand des Motivs ableiten, sagte von Koß. Täter könnten nur selten ermittelt werden. Die Aufklärungsquote liegt bei 20 Prozent. Insgesamt klären die Ermittler die Hälfte der politisch motivierten Straftaten auf.

"Die Graffiti sind ein Teil einer Öffentlichkeitsstrategie", erklärte ein Sprecher der Mobilen Opferberatung in Halle. Es gehe darum, auf eine bestimmte politische Richtung aufmerksam zu machen. Auch Aufkleber, etwa von rechten Bands, oder Hakenkreuze auf Schulbänken gehörten dazu. Diese Strategie sei in der Nazi-Szene häufig zu beobachten. "Damit soll ein Normalisierungseffekt entstehen." Je häufiger die Schmierereien zu sehen seien, desto weniger störe sich der Einzelne daran. Das sei gefährlich.

Nach LKA-Angaben werden die Graffiti manchmal auch benutzt, um anderen Gruppierungen eine Tat in die Schuhe zu schieben. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel hat damit bereits Erfahrung gemacht. Im vergangenen Jahr wurde sein Wahlkreisbüro in Bitterfeld-Wolfen bei einem von mehreren Anschlägen mit einem Antifa-Symbol beschmiert, berichtete der Politiker. Der oder die Täter stammten jedoch vermutlich aus dem rechten Milieu und versuchten laut Striegel, die Anschläge dem linken Lager zuzuschieben. Die Straftat wurde bislang nicht aufgeklärt.

Striegel setzt sich seit Jahren gegen Rassismus ein. Ein antisemitisches Graffito, das der Grünen-Politiker in einer Bahnhofsunterführung in seinem Wohnort Merseburg gesehen hatte, meldete er bei der Deutschen Bahn. Erst nach Wochen sei es entfernt worden.

Das Beseitigen sei oft schwierig, sagte Michael Kupfer von der Gütegemeinschaft Anti-Graffiti. Schon nach wenigen Tagen härte ein Graffito so stark aus, dass oft nur noch Profi-Firmen die Schmierereien komplett entfernen könnten. Bei empfindlichen Untergründen wie Sandstein sei das kostenaufwendig.