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StraßennamenPost-Chaos schafft Bürgerfrust

Bahnhofstraße, Dorfstraße, Hauptstraße: Wegen gleicher Straßennamen innerhalb einer Gemeinde landen Pakete häufig im falschen Ortsteil.

06.12.2016, 23:01

Magdeburg l Weihnachtszeit ist Päckchenzeit. Mehr als zehn Millionen Sendungen liefern die Paketdienste täglich in den Wochen vor Weihnachten aus – etwa doppelt so viele wie normal. In Sachsen-Anhalt wird ein Teil dieser Pakete erst nach Umwegen bei den Empfängern ankommen. Auch rund sieben Jahre nach der Gemeindegebietsreform herrscht in vielen Kommunen noch Post-Chaos.

Durch die Zusammenschlüsse gibt es besonders in der Börde und im Harz viele Dopplungen bei Straßennamen. In Osterwieck existieren in den 20 Ortsteilen allein zehn Dorfstraßen. Wolmirstedt hat zwei Gartenstraßen: eine in der Stadt, eine im Ortsteil Glindenberg. Navigationsgeräte schicken Autofahrer grundsätzlich aufs Dorf – zum Leidwesen der Unternehmer in der Stadt. Der in der Gartenstraße ansässige Umweltberater Rombertus Marmodeé klagt: „Ich habe jeden Monat Kunden, die im falschen Ort stehen. Auch die Post landet manchmal im falschen Briefkasten.“

Das Problem: Seit der Gemeindereform wird die Post häufig nur noch mit der neuen Gemeindebezeichnung verschickt, die Ortsteile sind in der Adresse verschwunden. Manche Namen wie die „Gemeinde Huy“ oder die „Stadt Arnstein“ sind künstliche Konstrukte. Diese Orte sind so auf keiner Landkarte zu finden.

In der Stadt Arnstein gibt es nun acht Hauptstraßen. Steht auf dem Brief nur „Stadt Arnstein“ ohne Ortsteil (Harkerode, Welbsleben), haben die Paketdienste ein Problem. Sie können oft nicht zuordnen, in welchem Ort die Sendungen zugestellt werden müssen – zumal es sogar namensgleiche Einwohner gibt, die in namensgleichen Straßen wohnen.

Die Deutsche Post fordert deshalb, dass die Anschriften angepasst werden. Dass viele Gemeinden nach so langer Zeit nach der Gemeindereform noch keine Umbenennungen der Straßen vorgenommen hätten, sei „bedauerlich“, sagte eine Sprecherin des Unternehmens der Volksstimme. „Damit wird eine reibungslose Postzustellung auf lange Sicht erschwert.“

Tatsächlich haben sich viele Gemeinderäte mit den Dopplungen befasst. Doch nur wenige Kommunen haben Umbenennungen vorgenommen, so zum Beispiel die Gemeinde Hohe Börde. Dort bekamen zwei Hauptstraßen im Mai neue Namen. Doch vielfach scheuen die Verwaltungen und Kommunalpolitiker den Schritt. Sie wollen den Einwohnern den Lokalkolorit lassen und ihnen Kosten und Aufwand ersparen.

Das Innenministerium macht jedoch Druck über die kommunalen Aufsichtsbehörden, da auch Polizei, Feuerwehr und Rettungswesen die Verwechslungsgefahr beklagen. Im Fall der Stadt Arnstein will sich nun der Landkreis Mansfeld-Südharz einschalten.

Der Blankenburger Kommunalpolitiker Ulrich-Karl Engel (Grüne) versteht das nicht. „Das ist eine politische Dummheit. Die Kommunalaufsicht hat eigentlich die Aufgabe, die Interessen der damals eingemeindeten Ortsteile zu wahren. Mit ihrem Druck tut sie das Gegenteil“, sagte er.

Engel hat eine Petition gestartet (siehe Infokasten). „Über Jahrhunderte, ob im Postkutschenzeitalter, ob in Friedens- oder Kriegszeiten hat die Postzustellung ohne Probleme funktioniert. Es kann doch nicht sein, dass das heute im Zeitalter der modernen Technik nicht mehr klappt!“ Engel schlägt vor, dass grundsätzlich wieder die Namen des Wohnortes auf die Briefe kommen. „Und zwar so, wie er auf dem Ortsschild steht – egal, welchem Ort er gerade politisch zugeordnet ist.“