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Trotz Personalnot Sachsen-Anhalt zwingt Polizisten in Rente

Viele Polizisten in Sachsen-Anhalt würden auch nach dem 60. Lebensjahr freiwillig weiter arbeiten, dürfen es aber aus Kostengründen nicht.

Von Matthias Fricke 18.09.2017, 01:01

Magdeburg l Bereits zwei Anträge auf Verlängerung der Lebensarbeitszeit sind Mordermittler Harald Meier abgelehnt worden. Der Kriminalrat leitet seit etwa 20 Jahren den Bereich Kapitalverbrechen in der Polizeidirektion Nord: „Man sagte mir, dass kein Geld da ist.“ Für den 59-Jährigen ist deshalb am 31. Oktober Schluss, obwohl er gerne länger gearbeitet hätte.

Auch Eckhard Gluschke, Leiter des Polizeirevieres Börde, versteht die Welt nicht mehr. Er gehörte zu den 86 Polizisten, die noch 2016 um ein Jahr verlängern durften, weil der Innenminister darum bat. „Doch dieses Jahr wurde das wegen fehlender Finanzen abgelehnt. Dabei würde ich gerne so lange arbeiten, wie das Land mich braucht“, sagt der fitte 60-Jährige. Doch auch er muss nun Ende des Jahres gehen. Ähnlich ergeht es Sabine Wabnitz (61), Kriminalrätin und Expertin für Fingerabdrücke im LKA, die ebenfalls um ein weiteres Jahr verlängern wollte, nun aber gehen muss. Begründung für die Ablehnung: Das Innenministerium hat wegen der 700 Neueinstellungen (Polizeischüler) kein Geld mehr im Budget.

Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP): „Etwa hundert würden nach unseren Informationen gerne verlängern, 30 bis 40 wurden schon abgelehnt.“ Inzwischen hätten schon viele aufgegeben, weil es keinen Sinn mache, einen Antrag zu stellen. Petermann: „Offenbar ist es noch immer nicht angekommen, wie groß die Not bei der Polizei ist. Dabei dauert es noch drei Jahre, bis wir über die 700 neuen Beamten verfügen. Wenn überhaupt alle die Prüfung schaffen.“

Sein Kollege von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Wolfgang Ladebeck, meint: „Während ab 2018 per Gesetz alle Polizisten gestaffelt länger arbeiten müssen, lässt man die Freiwilligen nicht weiter machen. Das ist nicht nachvollziehbar.“

Innenstaatssekretärin Tamara Zischang (CDU): „Oberste Priorität hat die Neueinstellung von Polizisten. Darüber hinausgehende Spielräume haben wir nicht, weil wir an das im Landeshaushalt vorgegebene Personalbudget gebunden sind.“

Das CDU geführte Finanzministerium verweist wiederum auf die flexibleren Personalbudgets der Ministerien im Doppelhaushalt. Finanzministeriumssprecher Wolfgang Borchert: „Wir haben keine Möglichkeit Geld nachzuschießen.“

SPD-Innenexperte Rüdiger Erben zeigt wenig Verständnis, dass „sich offenbar beide Ministerien den Schwarzen Peter zuschieben. Wenn man das schnell ändern will, geht das. Es geht hier nicht um große Summen“.

In Thüringen ist die Dienstzeit-Verlängerung übrigens unproblematisch, sagt der dortige GdP-Chef Kai Christ. In Sachsen müssen die Polizisten ohnehin schon länger arbeiten.