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Umfrage CDU und SPD legen zu, AfD bleibt stark

Die Unzufriedenheit mit der Regierung ist groß. CDU und SPD sind trotzdem im Aufwind. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage.

Von Michael Bock 23.11.2016, 00:01

Magdeburg l Es herrscht entspannte Stimmung an jenem 24. April im Landtag. Im Raum der Landespressekonferenz unterschreiben die Parteivorsitzenden von CDU, SPD und Grünen den Koalitionsvertrag. Das schwarz-rot-grüne Bündnis steht. CDU-Chef Thomas Webel jubelt: „Magdeburg ist heute die Hauptstadt von Kenia.“

Jetzt, acht Monate später, liegt eine MDR-Umfrage vor, die einen ersten Fingerzeig auf die Stimmung im Land gibt. Das Zeugnis für die schwarz-rot-grüne Landesregierung fällt schlecht aus. Mehr als die Hälfte, 55 Prozent, der Sachsen-Anhalter ist „weniger“ und „gar nicht zufrieden“ mit der Landesregierung. 41 Prozent der Bürger bewerten die Arbeit des Kabinetts positiv – der nie­drigste Wert seit Jahren. Und im Ländervergleich ist das nach Berlin der bundesweit geringste Zufriedenheitswert.

Nur die CDU-Wähler beurteilen die Landesregierung mit 62 Prozent mehrheitlich positiv. Bei Anhängern der SPD halten sich Zuspruch und Ablehnung die Waage. Bei den Unterstützern der Grünen bewerten sogar 62 Prozent die Arbeit als schlecht.

Damit erhält nur eine der drei Regierungsparteien, die CDU, von ihren Anhängern mehrheitlich Zustimmung zu ihrer Arbeit.

Bei den Linken beurteilen 63 Prozent die Regierungsarbeit negativ. Am größten ist die Ablehnung bei der AfD. Hier sind nur 12 Prozent mit der Regierung zufrieden.

Die in der Umfrage geäußerte Unzufriedenheit geht mit einem starken Misstrauen gegenüber den Parteien einher. Insgesamt 45 Prozent aller Befragten, also fast jeder Zweite, erwarten von den Parteien nicht, wichtige Probleme im Land lösen zu können. Unmittelbar vor der Landtagswahl misstrauten insgesamt nur 23 Prozent den Lösungsangeboten der Parteien. Seit der Wahl verlor jede einzelne Partei an Vertrauen, ergab die Umfrage.

Das größte Vertrauen wird mit 30 Prozent der Stimmen der CDU zugesprochen. Bemerkenswert: Obwohl 22 Prozent der Befragten die AfD wählen würden, glauben nur drei Prozent, dass die Partei wichtige Landesaufgaben lösen kann.

Wer würde derzeit bei einer Landtagswahl stärkste Kraft? Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit den mitteldeutschen Nachbarländern. Gäbe es am Sonntag Landtagswahlen, könnten die Koalitionen in Sachsen und Thüringen voraussichtlich nicht weiterregieren. CDU, SPD und Linkspartei würden in den Ländern an Zustimmung verlieren, die AfD weiter zulegen. In Sachsen käme die AfD derzeit sogar auf 25 Prozent.

Anders sieht es in Sachsen-Anhalt aus: Hier würden CDU und SPD insgesamt sogar 7,6 Prozentpunkte mehr erhalten als bei der Landtagswahl vor acht Monaten. Eine Koalition aus CDU und SPD hätte bei diesem Ergebnis eine knappe Mehrheit und wäre nicht mehr auf die Grünen als dritten Partner angewiesen.

Der Umfrage nach bliebe die CDU mit 33 Prozent der Wählerstimmen die stärkste Kraft. Im März hatte die Union 29,8 Prozent erreicht. Auf den zweiten Platz käme mit leichten Verlusten die AfD. Sie würde 2,3 Prozentpunkte verlieren und so auf 22 Prozent der Wählerstimmen kommen.

Die meisten Zugewinne würde die SPD verbuchen. Bei der Landtagswahl im März dieses Jahres waren die Sozialdemokraten auf 10,6 Prozent der Stimmen abgeschmiert. Wenn am Sonntag Landtagswahl wäre, würden 15 Prozent der Bürger die SPD wählen.

SPD-Landeschef Burkhard Lischka, der dieses Amt nach der Wahlschlappe übernommen hatte, sagte: „Trotz des gestiegenen Zuspruchs werde ich jetzt nicht übermütig. Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Allerdings zeigt das Umfrageergebnis auch, dass es richtig war, die Fehler der Vergangenheit zu benennen und zu korrigieren. Nur so kann es gelingen, dass das Vertrauen bei unseren Wählern wieder wächst.“

Zugleich betonte der Bundestagsabgeordnete: „Die Arbeit der Landesregierung ist besser als ihr Ruf. Wir sind dabei, wieder mehr Polizisten auf die Straße und mehr Lehrer in die Klassenzimmer zu bringen. Die Kommunen bekommen mehr Geld, wir geben 20 Millionen Euro für die Kinderbetreuung zusätzlich aus und haben ein Programm für Langzeitarbeitslose aufgelegt.“

SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sagte: „Mit 15 Prozent wachsen die Bäume für die SPD natürlich nicht in den Himmel. Wir freuen uns aber, dass es wieder mehr Menschen gibt, die positive Erwartungen an die SPD haben.“

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) verwies darauf, dass die Landesregierung bereits wesentliche Versprechen eingelöst habe. „Erfreulich ist, dass sich das Fundament der Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt verbreitert hat“, sagte er. „Natürlich wäre es gut, wenn die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung höher wäre. Traditionell sind die Sachsen-Anhalter aber recht kritisch.“

So habe vor zehn Jahren die Zufriedenheit nur bei 36 Prozent gelegen. Auch in der Mitte der vergangenen Legislaturperiode seien die Werte nicht viel besser gewesen. Reiner Haseloff weiter: „Natürlich waren auch die Personaldebatten der letzten Monate nicht förderlich.“ Zuletzt war Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) wegen seiner Rolle bei den umstrittenen Beraterverträgen zurückgetreten.

Der neue CDU-Generalsekretär Sven Schulze sieht eine Möglichkeit, Unzufriedene abzuholen, indem die CDU wieder an Profilschärfe gewinnt und Debatten anregt. Er sagte: „Rückenwind tut gut, aber unser Anspruch als CDU bleibt: Wir wollen nicht Umfragen sondern Wahlen gewinnen!“

In der Umfrage legt die Linke gegenüber der Landtagswahl um 1,7 Prozentpunkte auf 18 Prozent zu. Die Grünen verlieren mit 0,2 Prozentpunkten leicht und liegen genau bei fünf Prozent.

Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte dem MDR, als Bürgerin könne sie verstehen, wenn die Menschen sagten, die Landesregierung habe nur wenig Positives auf die Reihe gebracht. Ihre Partei hätte beispielsweise den Haushalt anders aufgestellt und wichtige Projekte nach vorne gestellt. Als kleinster Teil der Regierung könnten die Grünen ihre Ideen aber nicht immer durchsetzen.

Linke-Fraktionschef Swen Knöchel sagte, seine Partei müsse den Fokus stärker auf die Oppositionsrolle rücken. Im Unterschied zur AfD wolle die Linke Protest mit politischen Ideen verbinden.

Der AfD-Fraktions- und Landesvorsitzende André Poggenburg sagte: „Dieses Ergebnis ist ein Offenbarungseid für die Kenia-Koalition. Wenn mehr als jeder Zweite mit der Arbeit von Schwarz-Rot-Grün unzufrieden ist, zeigt das deutlich, dass sich hier drei Parteien zusammengefunden haben, die eindeutig nicht zusammengehören – schon gar nicht in Regierungsverantwortung.“ Die Kenia-Koalition sei eine Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners: „Das reicht nicht zu verantwortungsvollem Regieren.“

Insgesamt sieben Prozent der Wähler stimmten in der Umfrage für alle weiteren Parteien, inklusive der FDP. Zur Landtagswahl im März verteilten sich noch 13,8 Prozent der Stimmen auf Kleinstparteien, die die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreicht hatten. Die Befragung erfolgte vom 15. bis 19. November. Befragt wurde eine repräsentative Gruppe von 1000 wahlberechtigten Personen in Sachsen-Anhalt.