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Uni Halle Schicksal von verstorbenen Kindern geklärt

Leichen von Kindern, die jahrzehntelang konserviert in Halle lagen, wurden jetzt untersucht. Im Herbst werden sie begraben.

25.07.2017, 23:01

Halle (dpa/os) l In der Anatomie des Universitätsklinikums Halle sind 74 konservierte Kinderleichen aus den Jahren 1920 bis 1940 untersucht worden. Es sei eine Arbeit gewesen, die der zuständigen Professorin, Dr. Heike Kielstein, und dem Doktoranden Frederik Winter einiges abverlangt und sie emotional sehr berührt habe, teilte die Klinik mit. Vier Jahre lang habe Winter im Rahmen seiner Doktorarbeit das Schicksal von 74 in Phenol konservierten Kinderleichen aus dem Zeitraum untersucht.

Alle Kinder stammten aus Halle und seien eher der Unterschicht zuzuordnen, keines sei gewaltsam zu Tode gekommen, alle seien ganz offiziell in die hallesche Anatomie gebracht worden, teilte das Uniklinikum mit.

„Basierend auf den zu dieser Zeit geltenden Regeln ist es damals so gehandhabt worden, dass verstorbene Kinder, insbesondere von Eltern aus der Unterschicht oder von unverheirateten Frauen, von den Hebammen und Geburtshelfern in die Anatomie gebracht wurden.“ Untersucht wurde der Zeitraum zwischen 1920 und 1945. In dieser Zeit wurden im Hallenser Klinikum mehr als 2600 tote Kinder abgegeben.

Bei den erhaltenen 74 Körpern sei – soweit möglich – das Alter bestimmt worden. Mehr als 60 Kinder seien Früh- und Totgeborene, 5 zwischen einem halben Jahr und vier Jahren und 3 zwischen 12 und 14 Jahren. Für die Altersbestimmung wurden beispielsweise die Knochenkerne der Hände und die Körpergröße vermessen. Kielstein: „30 Körper haben wir zudem ausgewählt und sie in Zusammenarbeit mit dem Radiologen Dr. Dietrich Stoevesandt vom Universitätsklinikum im Computertomographen untersucht.“ Dadurch konnten einige Fragen zur Todesursache der Kinder geklärt werden.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Kinder unter anderem an Lungenentzündungen, Fehlbildungen des Hirns und des Skeletts und an damals noch nicht behandelbaren Infektionskrankheiten gestorben sind.

Namen oder Biografien konnten den Kindern nicht zugeordnet werden. „Wir hatten bei den Leichen kleine Zettel mit der Jahreszahl 1923 gefunden. Das passte auch sehr gut zu den Archivuntersuchungen“, sagte Heike Kielstein. Eine Namenszuordnung sei jedoch nicht gelungen, obwohl man in Akten des Begräbnisamtes des halleschen Gertraudenfriedhofs einige Namen gefunden hatte.

Im Herbst sollen die Kinder ihre letzte Ruhe finden. Die Leichen werden eingeäschert und auf dem Gertraudenfriedhof auf der Ehrengrabstätte der Martin-Luther-Universität beigesetzt.