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Wahlfälschung Irritation über Rolle von Güssau

Vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt, war Ex-Präsident Güssau Thema. Welche Rolle spielte er?

06.12.2017, 23:01

Magdeburg l Ungereimtheiten bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 waren in der Stendaler Stadtverwaltung frühzeitig ein Thema. Rechtsamtsleiter Rüdiger Hell hinterfragte im Untersuchungsausschuss des Landtags auch die Rolle von Ex-Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU).

Das hohe Briefwahlergebnis des damaligen Stendaler CDU-Kandidaten Holger Gebhardt sei schon am Wahlabend Thema gewesen, berichtete der Amtsleiter den Ausschussmitgliedern. Gebhardt habe lange auf hinteren Plätzen gelegen. Erst bei der Auszählung der Briefwahl schoss er weit nach oben. Hell: „Da kam schon die Frage auf, wie das sein kann.“ Dies habe er sehr früh mit dem damaligen Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU) diskutiert.

Sehr „zeitnah“ sei bekannt gewesen, dass zehn Wähler im Wahllokal wählen wollten, die aber gesperrt waren, da ihre Briefwahlunterlagen schon vorlagen: „Nach diesen Hinweisen kam schon die Frage nach einer Manipulation auf.“

Der Rechtsamtsleiter sichtete selbst Ende Juni auf Bitte von Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU) mehr als 100 Unterschriften von Briefwählern und verglich sie mit Daten aus dem Melderegister. „In 16 Fällen war eine Abweichung offensichtlich.“ Er empfahl, die Briefwahl zu wiederholen. Dieser Auffassung schloss sich zunächst auch der Stadtwahlleiter an. Dieser änderte jedoch kurz vor der Sitzung des Stadtrates seine Meinung und empfahl, die Wahl anzuerkennen. Hell kommentierte das so: „Er hat mir das dann nur mitgeteilt. Ich hätte damals anders gehandelt.“ Der Stadtrat beschloss gegen die Stimmen der CDU die Wiederholung.

Jurist Hell nutzte seine Befragung, um deutlich zu machen, dass es „Hinweise auf Mittäter gibt“, und äußerte sein Unverständnis, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sind.

So habe Gebhardt im Prozess auf einen Ordner mit Unterschriften verwiesen, der ihm vom damaligen CDU-Kreichef Wolfgang Kühnel überreicht worden sei. „Wenn man Wähler aufsuchen und für die Briefwahl gewinnen will, braucht man keine Unterschriften.“ Gebhardt müsste dazu erneut befragt werden. Da er für ein Delikt nicht zwei Mal bestraft werde, könne er nicht die Aussage verweigern, so der Jurist.

Hell bezeichnete es auch als „irritierend“, dass der Stendaler CDU-Landtagsabgeordnete Hardy Peter Güssau nicht selbst gewählt habe, sondern seine Wahlunterlagen gefälscht seien: „Da stellt sich die Frage, wie kann das sein. Bisher gibt es dafür keine Erklärung.“

Güssau hatte im Stendaler Stadtrat noch am Montag eine „Ehrenerklärung“ abgegeben, dass er mit den Wahlmanipulationen nichts zu tun habe. Die AfD will ihn bald vor den Ausschuss zitieren. Zunächst werden im Januar aber Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) und Ex-Wahlleiter Kleefeldt geladen.