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WahlfälschungUrteil am Mittwoch erwartet

Im Stendaler Wahlfälschungsprozess sollen am 15. März die Plädoyers gehalten werden.

08.03.2017, 12:09

Stendal l In wenigen Tagen dürfte im Stendaler Wahlfälschungprozess das Urteil gegen den ehemaligen CDU-Stadtrat Holger Gebhardt fallen. „Ich gehe davon aus, dass wir nächste Woche zum Ende kommen“, erklärte die Vorsitzende Richterin Simone Henze-von Staden am Mittwochmittag nach dem sechsten Verhandlungstag.

Dem 43-jährigen Gebhardt wird Wahl- und Urkundenfälschung in 300 Fällen vorgeworfen. Fast 1000 Stimmen soll er so für die Stadtrats- und Kreistagswahl am 25. Mai 2014 gefälscht haben. Die Fälschungen hatten Gebhardt während des Prozesses weitgehend eingeräumt, die genauen Umstände und das Motiv der Tat aber offengelassen.

Weitere Fragen von Staatsanwältin Annekathrin Kelm wollte der Angeklagte am Mittwoch – entgegen einer früheren Ankündigung -  nicht beantworten. Die Beweisaufnahme endete nach der Vernehmung der letzten drei Zeugen.

Diese verlief insbesondere bei den beiden Zeuginnen eher schleppend, da sie fast drei Jahre nach den Ereignissen große Erinnerungslücken hatten. Eine 54-jährige, schwer hörgeschädigte Frau bestätigte vor Gericht, dass sie für eine Falschaussage 100 Euro erhalten habe. Das Geld sei ihr in ihrem Garten in einem weißen Kuvert überreicht worden. Von wem, wisse sie nicht mehr. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung im Herbst 2014 hatte sie hier noch ihre Chefin belastet. Mit ihrer Aussage sollte der damalige Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU) von einer Strafanzeige wegen Wahlfälschung abgehalten werden. Das Vorhaben scheiterte. Kleefeldt, der am Mittwoch ebenfalls als Zeuge geladen war, sprach von einem „platten Versuch“.

Eine zweite Zeugin bestätigte, dass sie zur Kommunalwahl im Mai 2014 Adressen und Unterschriften gesammelt habe. An die genaue Bedeutung der Aktion konnte sich die 32-Jährige, die angab, in ihrem Leben noch nie gewählt zu haben, nicht mehr erinnern. Diese habe wohl der Unterstützung der CDU und auch von Holger Gebhardt gegolten.

Dieser habe damals insgesamt vier Listen bei ihr abgeholt. Die Richterin las zudem aus der polizeilichen Zeugenbefragung der jungen Frau vor. Demnach hatte sich der Stendaler CDU-Landtagsabgeordnete Hardy Peter Güssau fünf Tage vor dem Wahltermin bei der jungen Frau per SMS nach den „Wahlscheinen für Holger“ erkundigt. Die Stendalerin erklärte zudem, dass sie auch bei vorangegangen Wahlen Listen „ins CDU-Büro zu Herrn Güssau“ gebracht habe. Dies habe sie im Auftrag ihrer Schwiegermutter getan, die von Güssau und Gebhardt um Unterstützung gebeten worden sei. An Details könne sie sich jedoch nicht mehr erinnern.

Wahl- und Urkundenfälschung können bereits in einem Fall mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Die Staatsanwältin hatte bereits zum Prozessauftakt angedeutet, dass sie eine mehrjährige Haftstrafe für nötig halte.