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Deutsche Fußball-Nationalmannschaft Löw setzt auf den Faktor Zeit

Der Bundestrainer lässt keine Zweifel zu, die verzwickte Lage bei der
Nationalmannschaft aber beunruhigt die Fans. Der Test gegen Kamerun
wirft neue WM-Fragen auf. Mit der Ausmusterung von Schmelzer, Volland
und Mustafi für Brasilien sind sie nicht gelöst.

03.06.2014, 05:40

Mönchengladbach (dpa) l Eigentlich müssten auch Bundestrainer Joachim Löw langsam Bedenken für seine WM-Mission kommen. Zwei Wochen vor dem Ernstfall gegen Portugal offenbart die deutsche Fußball-Nationalmannschaft noch erhebliche Mängel, die nach der Ausmusterung des angeschlagenen Dortmunders Marcel Schmelzer sowie der Ergänzungskräfte Kevin Volland und Shkodran Mustafi nicht behoben sind.

Für Senkrechtstarter Erik Durm ist mit der WM-Teilnahme ein "kleines Märchen" wahr geworden - und in Brasilien könnte es noch viel besser kommen. Denn nach dem tiefen Fall seines Dortmunder Vereinskollegen Marcel Schmelzer, der im Trainingscamp in Südtirol wegen Knie-Problemen kaum belastbar war, steht der 22 Jahre alte Durm zwei Wochen vor dem Ernstfall gegen Portugal plötzlich als größter deutscher WM-Gewinner da.

Löw bleibt optimistisch

Am Tag nach seinem beachtlichen Länderspieldebüt beim 2:2 gegen Kamerun beförderte Joachim Löw den umgeschulten Offensivspieler Durm sogar zum heißen Kandidaten auf den linken Außenverteidigerposten in der WM-Start-elf. Der ungleich erfahrenere Schmelzer, der mit sechs Einsätzen noch Linksverteidiger Nummer 1 in der WM-Qualifikation gewesen war und in der abgelaufenen Saison auch beim BVB in der Hierarchie vor Durm stand, stürzte dagegen umgekehrt von eins auf drei ab.

Das WM-Aus für den 16-maligen Nationalspieler Schmelzer war die bemerkenswerte Ansage von Löw bei der Reduzierung des WM-Kaders von 26 auf 23 Akteure.

Der Chef der Brasilien-Expedition aber weicht weiter keinen Millimeter von seiner Alles-wird-gut-Linie ab: "Ich weiß, dass wir manche Dinge schon besser machen können. Aber ich bin absolut überzeugt und optimistisch, dass wir in zwei Wochen in einer viel besseren Verfassung sind", erklärte Löw nach dem 2:2 gegen Kamerun und setzt auf den Faktor Zeit.

WM-Kader weiter im Formtief

Am Tag nach dem vorletzten Test für das WM-Turnier in Brasilien gegen Kamerun sortierte Löw in Linksverteidiger Schmelzer einen ursprünglich für die Startelf vorgesehenen Akteur aus. Stürmer Volland und Innenverteidiger Mustafi spielten schon gegen Kamerun keine Rolle mehr. "Natürlich sind Shkodran, Marcel und Kevin nun sehr enttäuscht", sagte Löw, betonte aber: "Mit diesem Kader fliegen wir selbstbewusst nach Brasilien, wir haben dort große Ziele."

Löw zieht sich nach der Auswahl seiner 23 Brasilien-Fahrer noch einmal für zwei Tage zur Analyse in seine Heimat Freiburg zurück. Die unbefriedigende Vorstellung vor 41.250 Fans im nicht ausverkauften Borussia-Park in Mönchengladbach warf mehr neue Fragen auf, als alte zu beantworten.

Neben Schmelzer war auch der als einsatzfähig angekündigte Bastian Schweinsteiger nicht wettkampfbereit. Oldie Miroslav Klose, der nach einer schwierigen Saison eigentlich Spielrhythmus braucht, saß überraschend 90 Minuten auf der Bank. Philipp Lahm und Manuel Neuer müssen nach Verletzungen in München weiter individuell trainieren.

Generalprobe gegen Armenien

Auf der positiven Seite darf Löw das Auswahl-Debüt von Erik Durm verbuchen, für den sich mit dem ersten Länderspiel und dem WM-Ticket "ein Kindheitstraum" erfüllte. Die Joker André Schürrle und Lukas Podolski brachten noch einmal Wucht ins Spiel. "In der Breite sind wir besser besetzt", meinte Kapitän Per Mertesacker. "Wir müssen beim ersten WM-Spiel da sein - das werden wir", versicherte Podolski.

Zunächst aber dürfen die WM-Fahrer Heimaturlaub genießen, bevor das Team am Donnerstag in Mainz wieder zusammenkommt. "Die drei Tage bei der Familie sind jetzt superwichtig, um aufzutanken", sagte der gerade zum zweiten Mal Vater gewordene Mertesacker. Am Freitag steht die Generalprobe gegen Armenien auf dem Programm. Sollte die misslingen, könnte wohl auch Löw nicht mehr mit ruhigem Gewissen in den Charterflieger nach Brasilien steigen.