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Harakiri-Spiel als Warnung

22.06.2014, 18:02

Purer Spaß für die Zuschauer, Hölle für Bundestrainer Löw: Das verrückte 2:2 gegen Ghana sorgt für Spannung. Im Duell gegen Ex-Chef Klinsmann müssen sich Lahm und Co. beweisen. An eine frühzeitige Heimreise denkt niemand.

Fortaleza (dpa) l Jetzt gibt es doch ein Finale, das beide nicht haben wollten: Joachim Löw kontra Jürgen Klinsmann, Bundestrainer gegen Vorgänger. Zu aller Brisanz kamen am Tag nach dem zwiespältigen 2:2 gegen Ghana für den DFB-Chefcoach auch noch personelle Sorgen. Leitwolf Sami Khedira hat sich beim Schlagabtausch im zweiten WM-Gruppenspiel eine Innenbandzerrung im linken Knie zugezogen. Jérome Boateng leidet an einer neurogenen Muskelverhärtung. Der Einsatz beider Stammkräfte am Donnerstag in Recife gegen die USA mit Coach Klinsmann ist gefährdet. Erst einmal müssen beide Verletzte eine Trainingspause einlegen. Löw muss umdenken.

Der Wahl-Amerikaner Klinsmann wird seine US-Boys garantiert richtig heißmachen auf das Gruppenfinale gegen Deutschland. "Davon gehen wir aus. Aber wir sind auch richtig heiß darauf, ins Achtelfinale einzuziehen", erklärte Philipp Lahm kämpferisch. Verbandschef Wolfgang Niersbach hatte dem Team schon auf dem Rückflug nach Porto Seguro Zuversicht mitgegeben. "Es war ein tolles WM-Spiel, es war alles drin. Vor allem war es ein echter Härtetest für den Willen", sagte der DFB-Präsident beim Landeanflug über den Bordfunk.

Dennoch werden die geschlauchten Spieler gemeinsam mit Joachim Löw zunächst den zweiten Auftritt der Nationalelf bei der WM in Brasilien intensiv besprechen müssen. "Das Spiel hat sich irgendwie so entwickelt, obwohl das nicht so geplant war", gab Löw nach dem umkämpften 2:2 gegen Ghana leicht irritiert zu Protokoll.

Die Aufarbeitung der 93 Minuten in der heißen Arena Castelão in Fortaleza wird sicher etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen. Eines war beim nächtlichen Rückflug nach Porto Seguro ins Campo Bahia schon klar: Gegen Klinsmann und die USA wird es noch einmal richtig heiß. Um sicher ins Achtelfinale einzuziehen, braucht das Löw-Team noch einen Punkt.

"Die Ausgangslage hat sich für uns nicht entscheidend geändert", stellte der Bundestrainer zwar fest. Doch das erste Remis in einem Turnierspiel unter Löw überhaupt hatte nach dem kapitalen 4:0-Auftakt gegen Portugal gezeigt, dass schon das kleinste Nachlassen bei dieser WM große Auswirkungen nach sich ziehen kann. "Natürlich müssen wir hundert Prozent an die Sache rangehen. Man sieht, wenn man ein bisschen nachlässig wird, dass man auch gegen Ghana direkt zwei Tore kassiert", bemerkte der weiterhin um seine Topform ringende Mesut Özil.

"Wir sind stark, keine Sorge."

Mittelfeldspieler Toni Kroos

Trotz der etwas kuriosen Führung durch Mario Götze, dessen Kopfball erst ans eigene Knie und dann ins Tor der Ghanaer ging, verlor das Löw-Team die Kontrolle über die Partie. Löw sprach von einem "irrsinnigen Tempo", von "Dramatik und Spannung" pur und von einem "offenen Schlagabtausch". 59 612 Zuschauer wurden hin- und hergerissen, als ein Doppelschlag von André Ayew und Asamoah Gyan die "Black Stars" in Front brachte, dann aber Oldie Miroslav Klose zwei Minuten nach seiner Einwechslung seinen 15. WM-Treffer markierte.

Die Spieler sind weiter fest vom Weiterkommen überzeugt, und sie wollen weiter Gruppensieger werden. "Wenn wir unsere Leistung abrufen, wie im ersten Spiel und phasenweise heute, sehe ich keine Gefahr, dass wir nach Hause fahren", meinte Kapitän Lahm, der das zweite Gegentor maßgeblich verschuldete. "Wir sind stark, keine Sorge", betonte Toni Kroos.

Für Lahm waren fehlende Aggressivität und Cleverness sowie Probleme im eigenen Aufbauspiel die Gründe dafür, dass es nicht so gut lief. Eine System-Diskussion aber wollten weder Kapitän noch Bundestrainer zulassen. "Vor fünf Tagen war alles gut. Mal läuft es besser, mal schlechter. Es ist kein generelles Problem, wir haben gesehen, dass es funktioniert", sagte Lahm.