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Schweinsteiger & Co. bereit für das WM-Halbfinale Jetzt oder nie!

Joachim Löw geht das WM-Halbfinale gegen Brasilien voller
Selbstvertrauen an. "Wir haben schon Mittel und Wege und Qualitäten, die
Brasilianer nach Hause zu schicken", erklärte der Bundestrainer. Das
gemeinsame Projekt sei noch nicht "zu Ende".

07.07.2014, 15:52

Belo Horizonte (dpa) l Jetzt oder nie - Deutschlands noch ungekrönte Generation um die von dritten Plätzen genervten Turnier-Veteranen Miroslav Klose, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski fühlt die historische Chance auf den ersehnten WM-Triumph. Zwar schiebt Bundestrainer Joachim Löw den Brasilianern auch ohne Superstar Neymar die Favoritenrolle zu. Aber vor der "Gelben Wand" von Belo Horizonte zittern die deutschen Spieler nicht.

Im Gegenteil: "Umso erfahrener man ist, umso mehr saugt man so ein Spiel auf gegen den Gastgeber in so einem fußballverrückten Land. Man geht mit Freude in so ein Spiel", sagte Bastian Schweinsteiger vor seinem 107. Länderspiel. "Es gibt kein anderes Ziel mehr als das Finale und den Titel für uns", tönte Edeljoker André Schürrle forsch. Ans Scheitern wird kein Gedanke verschwendet. "Wir werden alles dafür geben, dass wir ins Finale kommen", erklärte Jérome Boateng.

Joachim Löw weiß, dass die fünf vorangegangenen WM-Partien ein Kindergeburtstag waren im Vergleich zum Halbfinale gegen die auf den Heimtriumph gepolten Brasilianer, die ihr gesamtes Volk im Rücken haben. "Wir spielen nicht nur gegen elf Brasilianer auf dem Platz, wir spielen gegen das ganze Land", sagte der Bundestrainer im ARD-Hörfunk und legte geschickt die Rollen für Dienstag (22 Uhr/ZDF) fest: "Der Druck liegt ganz klar bei Brasilien. 200 Millionen Menschen, Fußball-Land, Rekordweltmeister, zu Hause - die Favoritenrolle hat schon Brasilien", sagte Löw.

"Unser Projekt ist noch nicht zu Ende."

Bundestrainer Joachim Löw

Zugleich bekräftigte der DFB-Coach am Tag vor dem Spiel auf dfb.de aber auch noch einmal den Anspruch seines Teams: "Unser gemeinsames Projekt ist noch nicht zu Ende. Wir wollen unbedingt noch mal in Rio im Maracanã-Stadion spielen. Am 13. Juli. Wir sind noch nicht fertig." Auch Brasilien soll die Stärke der im Laufe des Turniers gefestigten deutschen Elf zu spüren bekommen, wie Löw angriffslustig anmerkte: "Wir haben schon die Qualität, sie zu ärgern."

Mehr als das. Ein Brasilien ohne Neymar und ohne den gesperrten Leitwolf Thiago Silva ist in seiner Wucht empfindlich geschwächt und in der Statik des Spiels beeinträchtigt. Trotzdem warnte nicht nur Löw vor Trugschlüssen für die ultimative Turnier-Kraftprobe. "Das wird große Kräfte freisetzen bei den Brasilianern. Die werden jetzt nicht rumjammern, weil Neymar fehlt oder Silva fehlt. Alle anderen Spieler werden noch mehr Verantwortung übernehmen. Sie sagen, jetzt erst recht, wenn ihr Superstar ausfällt", prophezeite Löw.Der begabte Willian vom FC Chelsea oder der nur 1,63 Meter kleine Youngster Bernard von Schachtjor Donezk könnten für Neymar in die Startelf rücken. Die Klasse des verletzten WM-Stars haben beide nicht. Bayern-Profi Dante könnte Thiago Silva im Abwehrzentrum vertreten. "

Große Geheimnisse gibt es ohnehin nicht vor der vom deutschen Team angestrebten Revanche für die Niederlage im Finale 2002, dem einzigen Duell beider Nationen bei einer WM-Endrunde. Löw hat gegen Frankreich seine Formation endlich gefunden. Mit Kapitän Lahm rechts und dem sich entschlossen ins Turnier quälenden Duo Schweinsteiger und Sami Khedira im Mittelfeld. "Es ist wichtig, dass die zwei Spieler wieder zu 100 Prozent fit sind. Dann helfen sie der Mannschaft auch weiter", betonte Lahm. "Ich bin bereit", versicherte Schweinsteiger, notfalls auch für 120 Minuten und womöglich ein Elfmeterschießen.

"Es geht darum, dass Deutschland Weltmeister wird. Das Kollektiv ist entscheidend!"

Bastian Schweinsteiger

Auf den Tag genau 24 Jahre nach dem letzten der drei deutschen WM-Titelgewinn am 8. Juli 1990 in Rom will die "Generation 2014" füreinander durch die Hölle gehen. "Wenn man sieht, einer braucht ein bisschen Hilfe, dann rennt der andere ein paar Meter mehr", sagte Boateng. Egoismen werden unterdrückt, etwa von dem in den ersten vier Partien gesetzten Abwehrchef Mertesacker, den Löw plötzlich auf die Bank setzte. "Es geht nicht immer um eine Person, um Per oder einen anderen Spieler, sondern darum, dass Deutschland Weltmeister wird", verkündete Schweinsteiger: "Das Kollektiv ist entscheidend!"

Herausragende Einzelkräfte wie Torwart-Gigant Manuel Neuer, der unermüdlich schuftende und schon viermal treffende Thomas Müller, aber auch Kopfballschreck Mats Hummels könnten das Pendel zur DFB-Elf ausschlagen lassen. "Der Glaube an den Titel ist da. Es sind noch zwei Spiele. Wir haben schon fünf Spiele hinter uns und keines verloren. Das Selbstvertrauen ist groß", hob Kapitän Lahm hervor.

"Wir sind reifer. Viele Spieler, die vor zwei oder vier Jahren noch jünger und ein bisschen grüner hinter den Ohren waren, sind erfahrener geworden", bemerkte Boateng: "Für die meisten ist es das dritte Turnier, für manche das vierte oder fünfte. Wir wollen einfach ins Finale jetzt." Löw will auch am viel kritisierten Mesut Özil festhalten. "Für mich ist Mesut einfach ein wahnsinnig wichtiger Spieler. Er ist hochbegabt, er kann Spiele entscheiden", verteidigte der Bundestrainer den 25-Jährigen.

In Südamerika das achte WM-Finale für Deutschland zu realisieren, treibt Löw so sehr an wie seine körperlich geschundenen Titeljäger: "Auf diesem Kontinent gegen Brasilien zu spielen, ist etwas ganz Spannendes, etwas Herausragendes." Nach dem 8. Juli 1990 soll auch der 8. Juli 2014 als besonderes Datum in die Fußball-Historie eingehen.