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Handball „Einmal SCM, immer SCM!“

Die Jagd nach Talenten macht auch vor der „Kaderschmiede“ des SCM nicht Halt, deswegen wurden vier Hoffnungsträger mit Verträgen gebunden.

Von Janette Beck 12.04.2017, 01:01

Magdeburg l Noch vor drei Monaten drehte sich die Welt von Justin Kurch, Lukas Diedrich sowie der Zwillinge Yannick und Robin Danneberg um die nächste Klassenarbeit, treusorgende Eltern, fordernde Trainer, Lehrer oder Erzieher. Und klar ging es wie bei allen Jungs in dem Alter auch um die sexy Blondine aus der Parallelklasse oder darum, was es in der Mensa der Sportschule zum Mittag gibt.

Vor allem aber drehte sich die Welt der 17-Jährigen um Handball. Nach dem Spiel war vor dem Spiel, das Training mehr Lust als Last, so lange nur ein Ball dabei ist. Schließlich bestimmt der von Kindesbeinen an ihren Lebensrhythmus. Alle vier haben früh mit der Torjagd begonnen – die Dannebergs, waschechte Magdeburger Jungs, beispielsweise mit sechs Jahren beim SCM. „Und einmal Handballer, immer Handballer“, grinst Robin, inzwischen passionierter Kreisspieler, während sein Bruder Yannick die Königsposition im linken Rückraum erobert hat. Kreisspieler Kurch, der bei der SG Chemie Zeitz das Handball-ABC erlernte und 2012 zum SCM wechselte, nickt zustimmend: „Handball ist halt ein geiler Sport.“

So geil, dass Keeper Lukas Diedrich 2015 sogar das heimatliche Lindau (Harz) verließ, um in Magdeburg seinem Idol Wieland Schmidt nachzueifern: „Der SCM hat in der Handball-Szene einen guten Ruf, besonders die Torhüterschule.“ Auch ein Henning Fritz, Martin Ziemer oder aktuell Dario Quenstedt wurden zu Nationaltorhütern geformt, weiß der 17-Jährige. „Die nächsten Schritte der Entwicklung können am besten hier in Magdeburg gemacht werden.“

Was die vier Jungs zudem eint, ist der Erfolg. Bei Kurch waren es die Auftritte in der DHB-Auswahl, beim B-Jugend-Trio der Überraschungssieg mit der Sachsen-Anhalt-Auswahl beim Länderpokal Ende 2016 sowie der Turniersieg mit der U-17-Auswahl des DHB bei den Mittelmeerspielen im Januar, die für Furore sorgten. Daraufhin wurde zur Jagd auf die Talente geblasen. Plötzlich wurde aus Spaß Ernst und es galt für das Quartett, weitreichende Entscheidungen zu treffen. Alle vier unterschrieben letztlich einen Vertrag, der sie bis 2020 an den Heimatverein SCM bindet (Volksstimme berichtete).

„Dass es so schnell geht und so konkret wird, hätte ich nie im Leben gedacht. Das ist schon krass“, gesteht Kurch. Dass andere die Leistung sehen, anerkennen und Interesse zeigen, sei ein schönes Gefühl. „Wenn man plötzlich ein Vertragsangebot auf den Tisch liegen hat, macht einen das schon stolz und selbstbewusst“, gesteht der 17-Jährige, der nach Volksstimme-Informationen unter anderem vom SC DHfK Leipzig umworben wurde.

Bei den Dannebergs wurde die Charme-Offensive „quasi hintenherum“ gestartet. Yannick erzählt, wie: „Bei der Nationalmannschaft kam man schon mit anderen Spielern ins Gespräch. Irgendwann hieß es dann: ,Mensch, komm doch mal zu uns zum Probetraining, wir könnten dich gut gebrauchen.‘ Gut möglich, dass da ein Trainer die Jungs vorgeschickt hat.“

Anja Danneberg, Mutter der Handball-Zwillinge, gesteht, dass sie die rasante Entwicklung „anfangs schon ein wenig überfordert“ habe. Es sei „irgendwie komisch, wenn um die eigenen Kinder geworben wird, oder Spielerberater anrufen und sich mal unterhalten wollen“ – ganz unverbindlich, versteht sich …

Trotz des Umgarnens mussten alle vier aber nicht lange überlegen: „Einmal SCM, immer SCM! Das ist ja kein Dorfverein“, haut Diedrich raus, der als Einziger keine Anfragen hatte. „Ich denke mal, die wussten, dass ich beim SCM gut aufgehoben bin und Anfragen zwecklos wären.“

Die konkreten Vertragsinhalte beim SCM betreffend, hatte Kurch „eigentlich keine große Sachen erwartet“, räumt aber auch gleich mit einem Irrglauben auf: „Wir bekommen ja nicht horrende Summen, sondern eine kleine Aufwandsentschädigung.“ Die bewege sich in Taschengeldhöhe. „Aber immerhin, andere Vereine zahlen ihren Nationalspielern gar nichts, soweit ich weiß.“

Wichtiger sei ihm das Gefühl, „zu wissen, wohin man gehört. Und dass die Trainer einen im Auge haben und das Interesse an einer Weiterentwicklung beiderseitig ist“. Teamkollege Yannick pflichtet ihm bei: „Mein Bruder und ich wären gar nicht auf die Idee gekommen, den Verein zu wechseln. Beim SCM wissen wir, was wir haben. Im Heimatverein eine Perspektive aufgezeigt zu bekommen und zu wissen, dass uns auch Bennet Wiegert als Bundesliga-Trainer auf dem Schirm hat, tut einfach gut.“ Und Robin schickt hinterher: „Nicht zuletzt zeigen die Beispiele Matthias Musche oder Dario Quenstedt ja auch, dass es nach wie vor möglich ist, Nationalspieler beim SCM zu werden.“

Sich drei Jahre fest an den SCM zu binden, sehen die Jungs indes als „kein Problem“ an. Diedrich: „Dadurch, dass wir alle Abi machen wollen, sind wir ja ohnehin noch drei Jahre in Magdeburg. Das passt schon.“ Und auch Mama Danneberg ist froh, „dass ich meine Jungs erst mal noch drei Jahre in meiner Nähe habe. Das war für mich ehrlich gesagt das Wichtigste. Wie sich die Jungs entwickeln, muss man dann abwarten, der Leistungssport ist eh sehr schnelllebig.“

Was dagegen alle vier Talente umtreibt, ist der akut drohende Abstieg der Youngsters aus der 3. Liga. Bei der SCM-Reserve sollten neben Kurch und Diedrich, die bereits erste Schnuppereinsätze hatten, auch die Dannebergs in der kommenden Saison verstärkt spielen. Und nicht nur Anja Danneberg fragt sich, was passiert, wenn der zentrale Baustein der handballerischen Ausbildung beim SCM wegbrechen würde: „Bereits in der Vergangenheit wurde ja hin und wieder zu Bedenken gegeben, dass der Schritt von der dritten in die erste Liga möglicherweise zu groß ist. Von der Mitteldeutschen Oberliga aus wäre es dann aber ja noch schwieriger, Anschluss an das Bundesliga-Team zu finden.“ Der Wechsel zu einem Zweitliga-Verein würde früher oder später unumgänglich sein. Meinung