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Frauenfußball „Masterplan“ mit Zündstoff

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt ordnet zur neuen Saison den Frauenspielbetrieb grundlegend neu. Die Pläne stoßen aber auf Widerstand.

Von Björn Richter 15.07.2017, 01:01

Jerichower Land l Jürgen Schulze wendet dieser Tage ziemlich viel Zeit am heimischen Computer auf. So weit, so ungewöhnlich. Der Verantwortlicher für den Frauenspielbetrieb im Kreisfachverband Fußball Jerichower Land ist zugleich Beauftrager für das DFB-Net, in dem es traditionsgemäß kurz vor dem Saisonstart recht hektisch zugeht. Die Software des Deutschen Fußballbundes gilt als „Gehirn“ des beliebtesten Hobbys zwischen Flensburg und Garmisch: Mit ihr werden sämtliche Wettbewerbe geplant, Passdaten und Ergebnisse verwaltet und hin und wieder platzt darin auch eine kleine virtuelle Bombe.

Bevor das Präsidium des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt (FSA) nämlich vor eineinhalb Wochen über seinen Beschluss zur Neuordnung des Frauenspielbetriebs informierte, waren Teile des Vorhabens im DFB-Net bereits einsehbar. „Man erhält im Vorfeld Zugang zu bestimmten Planungsunterlagen“, erklärt Jürgen Schulze. Der Genthiner schrieb daraufhin den Verband per E-Mail an. „Ich habe den Hinweis geäußert, dass wir entgegen der Absicht nicht Teams halten, sondern sie verlieren werden.“

Spätestens seit der Veröffentlichung der Spielpläne vor einigen Tagen ist die Reform in den Vereinen angekommen. Demnach gibt es zur Spielzeit 2017/2018 drei offizielle Spielweisen des Frauenfußballs in Sachsen-Anhalt mit unterschiedlichen Mannschaftsstärken: Großfeld und verkürztes Großfeld sowie Kleinfeld. Die unterschiedlichen Interpretationen gibt es – wenig einheitlich – in den einzelnen Ligen auf Kreis- und Landesebene seit Jahren. Indem jedoch auch die Ligenstruktur und Staffeleinteilung neu geordnet werden, ist nun von der Verbandsliga bis in die Regionalklassen, die vereinfacht gesagt die vormaligen Kreisligen zusammenfassen, geregelt, wer mit wie vielen auf welchen Ausmaßen gegen wen spielt.

Dahinter steckt der „DFB-Masterplan“, der 2012 beim sogenannten Amateurfußballkongress beschlossen wurde. Der Frauen- und Mädchen-Ausschuss im FSA hat seitdem an der Umsetzung gearbeitet. Endgültige Planungssicherheit soll exemplarisch für die drei Vertreter aus dem Jerichower Land (Traktor Tucheim, Blau-Weiß Loburg, Eiche Redekin) nach dem 4. August herrschen, wenn der Staffeltag für die Regionalklassen stattfindet.

Dass es bei diesem Termin mit allen 62 Vereinen in Magdeburg turbulent bis hitzig zugehen könnte, gilt aber als wahrscheinlich. Die Reformpläne sind höchst umstritten. „Hauptkritikpunkt sind die Fahrtkosten, die durch die neuen Staffeleinteilungen entstehen“, so Schulze. Beispielsweise rechnet er für den FSV Havelberg, seit der abgelaufenen Saison Mitglied in der Kreisliga Ost, in der auch die drei „JL“-Vertreter spielen, vor: Für zehn Auswärtsspiele der neuen Regionalklasse 1 „kämen insgesamt rund 1000 Kilometer zusammen.“ Für die drei gemeldeten Teams aus Tucheim, Redekin und Loburg stünden ebenfalls weite Fahrten in die Westaltmark oder die Börde an.

Der Tenor aus vielen Vereinen lautet daher: Wir sind keine Profis, die Tagestouren für die Ausübung unseres Hobbys in Kauf nehmen. Unlängst hat Schulze deshalb „seine“ fünf Vereine angeschrieben. „Die Frage ist, ob sie einen entsprechenden Antrag an den FSA unterstützen würden, damit die Kreisliga in der bisherigen Form bestehen bleibt. Diesen würden wir dann stellen.“ So oder so dürften also auf alle Beteiligten noch etliche Abende vor dem PC warten.