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Fußball Petersen: „Jagen, bis der Arzt kommt“

Der VfB Germania Halberstadt geht mit zwei Punkten Rückstand in die verbleibenden sieben Punktspiele der Oberliga.

Von Florian Bortfeldt 19.04.2017, 01:01

Halberstadt l Wer nach den 90 Minuten im Friedensstadion vom 0:0 mehr profitierte, wurde unmittelbar nach dem sehr pünktlichen Abpfiff des Unparteiischen Daniel Köppen deutlich: Die Gäste um Kapitän Stefan Karau rissen die Arme in die Luft, die mehr als 1000 mitgereisten Chemie-Fans skandierten „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“ Klar, die Messestädter hatten die Tabellenführung damit behauptet, durften sie sich aber deswegen als Sieger fühlen?

Es war ein typisches Spitzenspiel: Keines der Teams wollte den entscheidenden Fehler begehen, der Wahrung des Remis galt der Fokus – lieber einen Punkt, als vielleicht gar keinen. Das ganz große Risiko wollte keine Mannschaft eingehen. Gästetrainer Dietmar Demuth, wie alle Beteiligten mit sehr viel Herzblut bei der zum Teil hitzig geführten Begegnung dabei, schätzte das ähnlich ein. „Es war ein zerfahrenes Spiel. Wenn der Erste gegen den Zweiten spielt, hofft man auf einen Leckerbissen. Aber auch in anderen Ligen konnte man das in dieser Saison schon sehen: Jeder möchte keinen Fehler begehen, dadurch ist es nicht unbedingt schön.“

Die vielen kleinen Scharmützel zwischen den Spielern auf dem Rasen – Stichwort „Rudelbildung“ – setzten die Trainer in der Pressekonferenz fort, wenngleich die kleinen Giftpfeile keineswegs bösartig waren, eher provokant. „Wir haben uns gut eingestellt“, startete Demuth sein Fazit, „und wussten, dass Halberstadt nur mit langen Bällen operieren wird“. VfB-Trainer Andreas Petersen reagierte später so: „Wir können gut kombinieren, spielen nicht nur lang.“ Auch er hatte sich einen Seitenhieb parat gelegt: „Chemie provoziert, lamentiert – es gibt permanent eine Rudelbildung.“ Es wurde deutlich: Auch die Trainer standen wenige Minuten nach dem Ende noch unter Adrenalin – es war das ganz normale Sticheln im Rahmen eines Gipfeltreffens. Trainer müssen die Grätsche eben verbal ansetzen.

Konkret analysiert wurde aber auch, Dietmar Demuth monierte die fehlende Ballsicherheit im letzten Drittel des Spielfeldes. „Der finale Pass kam nicht an. Die Möglichkeiten waren da, wenn wir aufgerückt sind. Wir wollten die Null halten, das ist geglückt. Entsprechend kann ich mit dem 0:0 gut leben.“

Andreas Petersen hob die Rekordkulisse von mehr als 2000 Zuschauern hervor: „Wann hat man das hier schon mal!“ Gleichzeitig erkannte er, dass eben dieser Zustand seine Elf anfangs lähmte. „Wir waren zu nervös, es fehlte die Handlungsschnelligkeit. Für die Leistung in der zweiten Halbzeit kann ich aber keine Vorwürfe machen. Es waren nur Kleinigkeiten, die uns fehlten. Gegen Chemie reicht keine gute Leistung, da brauchst du eine sehr gute um zu gewinnen.“

Für Gesprächsstoff sorgte auch der überpünktliche Abpfiff, Petersen: „Unglaublich! Insgesamt hat der Schiri die Aufgabe aber gut erfüllt.“ Und Petersen wäre nicht Petersen, würde er seine gewohnt bildhaften Ausführungen nicht um eine nächste erweitern. „Vom Ergebnis her sind wir enttäuscht, gern hätten wir Chemie ein Ei ins Nest gelegt. Aber es ist immer noch nichts passiert. Hinten kackt die Ente, wir werden jagen bis der Arzt kommt. Es warten interessante Wochen auf uns.“

Auch Germania-Keeper Fabian Guderitz war etwas hin- und hergerissen, ob nun Punktgewinn oder -verlust. „Beim 0:0 zur Pause war es ein Punktgewinn, mit Blick auf die 90 Minuten eher ein Punktverlust. Wir wussten, dass wir die bessere Kondition haben. Darum konnte Chemie das Pensum nicht mehr wie zu Beginn absolvieren, das hätten wir nutzen müssen.“ Auch er spürte die gereizte und aggressive Atmosphäre. „Wenn einer liegt, kommt gleich die ganze Truppe an, es gab viele Nicklichkeiten – wir wussten das Chemie in dieser Art und Weise provoziert.“ Er erkannte aber auch die Stärke des Gegners an. „Sie stehen nicht umsonst da, wo sie stehen.“ Guderitz selbst durfte sich über sein drittes Spiel in Folge ohne Gegentreffer freuen. „Ich führe keine Liste, aber so etwas ist im Kopf schon wichtig. Es spielt eine Rolle, wenn man gegen Inter und Chemie Leipzig ohne Gegentreffer bleibt. Das sind ja nicht irgendwelche Gegner.“

Nur allzu gern würde er diese Serie ausbauen, am kommenden Sonntag hat er beim Tabellensiebenten Wismut Gera die Chance dazu.