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Fußball Haldensleber mit Leib und Seele

Seit Kindertagen spielen Carsten und Christian Madaus für den Haldensleber SC Fußball.

Von Christian Meyer 08.10.2015, 08:30

Haldensleben l Die Reise der Madaus-Brüder Carsten (32) und Christian (31) beim Haldensleber SC beginnt mit einem Zufall. Durch eine Zeitungsannonce wird ihr Vater auf ein Probetraining aufmerksam, schickt seine beiden Söhne vorbei. Der Anfang einer langjährigen Beziehung, die auch durch die folgenden Fusionen nicht an Stabilität verliert. Erst in der Stunde ihres größten Triumphes, die gleichzeitig der bitterste Moment ihrer Karriere ist, verlassen die Brüder ihren Herzensverein. Nach Stippvisiten in Barleben und Halberstadt sind sie nun zurück.

Im gleichen Verein, aber getrennt in den Altersklassen, durchlaufen beide den Jugendbereich. Der Übergang zu den Senioren ist fließend. Christian erinnert sich: „Der Verein hatte damals viele Abgänge. Wir mussten sofort einspringen. Unsere Eltern mussten ebenso wie der Arzt ihre Einwilligung geben. Zwei Spiele an einem Wochenende waren normal.“ Der Abstieg aus der Verbandsliga in der Saison 2002/2003 kann dennoch nicht verhindert werden. Nach fünf Jahren geht es zurück in die Landesliga. Fluch und Segen zugleich: „Damals hatte man es leichter, weil man quasi spielen musste. Da konnten wir schnell Erfahrungen sammeln. In den späteren Jahren unter Stephan Grabinski war es schwer, als junger Spieler Fuß zu fassen, weil er viele neue und erfahrene Spieler geholt hat“, blickt Carsten Madaus zurück.

„Ich kann nichts richtig gut, aber auch nichts richtig schlecht.“

Beide Brüder gehören sofort zum Stamm der ersten Mannschaft. Christian überzeugt in der Abwehr, sowohl als letzter Mann als auch in der Innenverteidigung. Sein Bruder ist flexibeler einsetzbar. „Ich kann nichts richtig gut, aber auch nichts richtig schlecht. Das kann ein Vorteil sein. Ich war immer da, wo einer gefehlt hat“, schätzt sich Carsten ein.

Nach vier vergeblichen Anläufen (5./2./3./2.) gelingt 2008 die lang ersehnte Rückkehr in die höchste Spielklasse des Landes. Es ist der Beginn einer neuen Zeitrechnung in Haldensleben. Waren die beiden Brüder aus der Not heraus stets gesetzt, müssen sie sich nun immer stärkerer Konkurrenz im Team erwehren. Neben einigen Brasilianern, die aber nur kurze Zeit Station machten, verpflichtet der Haldensleber SC viele erfahrene Spieler, die teilweise aus höherklassigen Ligen kommen. Stephan Pientak, Marcel Probst, später Mats Wejsfelt – Namen und Klasse werden jährlich größer.

Doch die Madaus-Brüder stellen sich der Herausforderung, beißen und setzen sich gemeinsam durch. „Natürlich wurde es Jahr für Jahr schwieriger. Wir waren die einzigen Haldensleber, die die Stange gehalten haben. Manche hätten es sicherlich auch gepackt, aber denen war der Aufwand zu hoch. Sie sind den leichteren Weg gegangen“, beschreibt Carsten die damalige Situation. Doch so richtig will der große Wurf trotz beachtlicher Investitionen und erster Erfolge (4./4./5.) nicht gelingen.

Zu Saisonbeginn 2011/2012 übernimmt Tobias Ellrott das Traineramt im Waldstadion. Der zuvor mit Handwerk Magdeburg erfolgreiche Coach hinterlässt sofort Eindruck bei den Brüdern. „Tobias Ellrott hat die Systemumstellung von Dreier- auf Viererkette vorgenommen. Wir haben extrem viel von ihm gelernt“, erinnert sich Carsten. Es läuft gut zwischen dem Trainer und dem Team, doch im Oktober ist überraschend Schluss. Stephan Grabinski übernimmt nach der ersten Niederlage in Sandersdorf wieder seine Elf.Zum Ende der Hinrunde haben die Haldensleber vier Punkte Rückstand zur Spitze. Nach der Winterpause stockt es aber gewaltig bei den Blau-Gelben. Nur fünf von fünfzehn Spielen werden gewonnen. Am Ende steht Platz sechs.

Dennoch geht das Jahr in die Vereinsgeschichte ein. Im Landespokal-Halbfinale schaffen die Haldensleber die Sensation, werfen den 1. FC Magdeburg im Elfmeterschießen aus dem Wettbewerb. Christian und Carsten stehen über 120 Minuten auf dem Platz.

Sechs Wochen später führt Carsten Madaus seinen HSC auf das Feld im Dessauer Paul-Greifzu-Stadion. Vor 2700 Zuschauern ist das Grabinski-Team im Endspiel gegen den Halleschen FC chancenlos, unterliegt mit 0:4. Der tiefe Lauf im Pokal dürfte dennoch der Ausgangspunkt für die folgende Landesmeistersaison gewesen sein. Aus hochveranlagten Individualisten wurde eine Einheit.

„In der Meistersaison lief alles fast von allein.“

„Herr Grabinski hat immer sehr gute Spieler dazugeholt, aber es hat halt von der Mannschaft her nicht gepasst. In der Meistersaison lief alles fast von allein. Wir hatten einen kleinen Kader, aber der war immer beim Training. Da hätte man reinschmeißen können, wenn man will“, blickt Christian Madaus nicht ohne Wehmut auf die Spielzeit 2012/2013 zurück. Doch noch vor der Stunde des größten Erfolgs wird die Mannschaft ausgebremst. Die Abteilungsleitung untersagt den Aufstieg und bringt ein neues Konzept auf den Weg.

Nach kurzer Beratungsphase schwört sich das Team, die Saison zu Ende zu spielen und den Titel zu holen. Nach einem 3:0-Auswärtssieg am vorletzten Spieltag ist der Coup perfekt. Die beiden Brüder sind mit ihrem Heimat- und Herzensverein Landesmeister. „Ich wäre gerne mit der Mannschaft in die Oberliga gegangen. Da guckt man schon mit einem weinenden Auge hinterher“, erklärt Christian. Bruder Carsten ergänzt: „Hätte man das Konzept ein Jahr eher durchgesetzt, wäre es leichter gefallen, hier zu bleiben. Auf der Zielgeraden die Tür zugeklatscht zu bekommen ist, auch wenn es sich angedeutet hat, hart. So hat die Enttäuschung überwogen und wir haben einen anderen Weg eingeschlagen.“

Statt Oberliga heißt es für die beiden Brüder nun Landesliga. Der ambitionierte FSV Barleben verpflichtet Stephan Grabinksi und ihm folgen Probst, Piele, Kreibich und die Madaus-Brüder. Die Saison wird ein Triumphzug. Am Ende steht der ungefährdete Aufstieg in die Verbandsliga. Doch die Reise geht weiter. Nach Halberstadt in den Vorharz. Sportlich zwar erfolgreich, Rang zwei in der Landesliga hätte zum Aufstieg berechtigt, ist die Spielzeit 2014/2015 ein verlorenes Jahr. „In Halberstadt sollte alles anders strukturiert werden, aber daraus wurde nichts. Ich habe noch keinen Verein erlebt, wo die Zweite so hinten dran ist“, beschreibt Carsten die Zustände. „Teilweise waren wir nur fünf Leute beim Training. Ohne die Unterstützung der Ersten wäre es an den Spieltagen nicht gegangen.“ Der Abschied war vorgezeichnet.

„Unter Roland Zahn hätten wir nicht gespielt“

Die Brüder stecken im Sommer die Köpfe zusammen und entscheiden sich für eine Rückkehr. Zum einen, um den Aufwand für den mittlerweile dreimaligen Vater Carsten zu senken, zum anderen sind nach zwei Jahren die Narben des Aufstiegsverzichts kaum noch sichtbar und die Verantwortlichen von damals nicht mehr im Amt. „Es ist alles abgehakt. Im Nachhinein ist es traurig, dass die Leute, die das Konzept – das durchaus seine Berechtigung hat – durchgedrückt haben, aus verschiedensten Gründen nicht mehr in der Abteilungsleitung sind“, kritisiert Carsten. Und noch ein Grund verhinderte eine frühere Rückkehr. „Unter Roland Zahn hätten wir nicht gespielt. Wir liegen nicht auf einer Wellenlänge“, gibt der ältere Bruder offen zu Protokoll.

Nun heißt ihr Trainer Thomas Schulze und der baut voll auf die beiden Ur-Haldensleber: „Sie sollen und müssen Vorbilder für unsere jungen Spieler sein!“ Für Spieler, die eine Herausforderung annehmen und nicht vor ihr flüchten. Für Spieler, für die ein Trikot mehr ist als ein Kleidungsstück. Spieler wie Carsten und Christian Madaus.

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