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Kanu Fast alle Hindernisse überwunden

Hindernisse sind für Behindertensportler Alireza Kardooni dazu da, sie zu überwinden. Darin hat der 37-Jährige vom SCM Übung.

Von Janette Beck 16.04.2016, 01:01

Magdeburg l Quasi sein ganzes Leben lang musste der gebürtige Iraner, der über zehn Jahren auf seine Einbürgerung in Deutschland warten musste, kämpfen.

Auch sportlich galt es für den Diskuswurf-Weltmeister von 2011, herbe Rückschläge einzustecken. So musste der Paralympic-Teilnehmer von Peking und London im letzten Olympia-Zyklus gleich zweimal den Traum von einem Start in Rio begraben. Ausgerechnet seine Disziplinen, erst der Diskuswurf, dann kurz nach dem Wechsel zu den Para-Kanuten das Ausleger-Boot, wurden kurzfristig aus den paralympischen Programm gestrichen.

Gemessen daran, stellt sich das aktuellste Problem als „Mini-Hürde“ dar: Der Canadierfahrer hatte sich am vergangenen Wochenende bei der nationalen Qualifikation im Auslegerboot (Outrigger) mit zwei klaren Siegen über 200 Meter, inklusive WM-Normzeit, für die Weltmeisterschaften Mitte Mai in Duisburg empfohlen. Doch das obligatorische Trainingslager in Berlin-Grünau, das die deutsche Nationalmannschaft der Para-Kanuten zur unmittelbaren Vorbereitung auf die Heim-WM nutzen will, muss Kardooni sausen lassen. „Ich hätte das Trainingslager gerne mitgemacht, auch, um mich technisch weiter zu verbessern. Und sicher hätte es mir auch gut getan, mich trainingsmäßig voll auf meinen WM-Start zu konzentrieren. Aber es geht nicht, ich werde anderweitig gebraucht – beruflich“, erklärt der Schützling von Trainer Herbert Laabs dienstbeflissen.

Der Hintergrund: Kardooni, der sich zwei Jahre lang an der Hochschule Stendal-Magdeburg als Sachbearbeiter im „International Office“ um die Belange der ausländischen Studenten kümmerte, hat seit dem 1. April einen neuen Arbeitgeber. „Ich bin jetzt im Landesverwaltungsamt tätig. Genauer gesagt, in der Landesaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge – als Übersetzer. Das ist genau mein Ding. Ich habe ein Klasse-Team, das mich super aufgenommen hat. Ich denke, ich kann vielen Hilfesuchenden, vor allem aus dem arabischen, iranischen und afghanischen Raum, mit meinen Erfahrungen helfen. Ich bin ja sozusagen ein Parade-Beispiel für gelungene Integration“, erklärt der gelernte Bürokaufmann, der sich „normal beworben“ und unter Tausenden von Bewerbern durchgesetzt hatte, selbstbewusst.

Es scheint fast so, als sei kein Hindernis für den Allrounder zu hoch, und doch scheiterte er an einer Hürde „kläglich“, wie er einräumt. Als Ali Kardooni vom Olympia-Aus seiner Disziplin hörte, riet ihm sein Trainer, es doch mal im paralympischen Kajak zu probieren. „Es gab einen einzigen Versuch“, beichtet der Wahl-Magdeburger. „Ich habe mich stundenlang am Bootssteg festgeklammert und einfach nicht getraut, loszulassen. Das Boot war so was von wackelig und ich hatte Angst, umzukippen und unterzugehen. Ich kann nämlich nicht so gut schwimmen.“