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Fußball Doppelter Einsatz für das Fortbestehen

Für Marcus Kammann ist die Situation nicht einfach. Er muss in zweierlei Hinsicht denken - zum einen als Spieler, zum anderen als Trainer.

Von Florian Schulz 29.04.2017, 05:00

Wenze/Peckfitz l Diese Doppelfunktion hat der 34-Jährige seit Beginn der Saison beim Kreisoberligisten SV Rot-Weiß Wenze inne. Dabei gibts es das Modell des Spielertrainers in der Westaltmark doch eher selten. Als gebürtiger Quarnebecker war es für Marcus Kammann quasi „Pflicht“, irgendwann für den SV Rot-Weiß Wenze aufzulaufen. Bis das allerdings der Fall war, ließ sich Kammann viel Zeit. Über die Stationen Klötze und Schwiesau zog es den Verteidiger erst vor gut sieben Jahren ins Waldstadion. Dort fungiert der leidenschaftliche und ehrgeizige Westaltmärker mittlerweile als Spieler und Trainer zugleich.

In der E-Jugend des VfB 07 Klötze unternahm Marcus Kammann gemeinsam mit einem guten Freund und Klassenkameraden seine ersten Gehversuche. Trainer Bodo Sokolowski entdeckte schnell Kammanns Qualitäten als Abwehrspieler. „Nach dem zweiten oder dritten Training wurde ich dort hingestellt und bin dort nicht mehr weggekommen“, verrät der heute 34-Jährige schmunzelnd. Kammann genoss im Klötzer Nachwuchs – speziell bei Bodo Sokolowski und Gerd Rau lernte er viel – eine tolle Ausbildung, doch im Männerbereich wurde es für die jungen Spieler schwieriger, Fuß zu fassen.

Zwei Jahre blieb der Defensivakteur zwar auch noch bei den VfB-Herren, doch nach zwei Abstiegen in Folge von der Landesliga bis in die Kreisliga zog es Marcus Kammann 2005 zum Nachbarn SV Schwalbe Schwiesau. Trainer Frank Riedel hatte ihn und weitere Akteure aus Klötze mitgenommen. „Riedel hatte damals einen Plan, der auch recht schnell aufgegangen ist“, erinnert sich der 34-Jährige zurück. Nicht lange dauerte es, bis die Schwalben 2006 als Kreismeister in die Landesklasse aufstiegen. „Dort haben wir im ersten Jahr dank einer tollen Rückrunde die Klasse gehalten, obwohl keiner mehr damit gerechnet hatte“, so Kammann. In der zweiten Spielzeit konnten sich die Schwiesauer dann allerdings nicht mehr auf Landesebene halten. Es folgte der Abstieg in den Kreismaßstab, in dem das Team auch aktuell noch aktiv ist.

Aus Verletzungsgründen ging Marcus Kammann nach dem Abstieg nur noch sporadisch für die Schwalben auf Punktejagd. 2010 wechselte der Abwehrmann zum SV Rot-Weiß Wenze. Für die Rot-Weißen spielte Kammann bereits zuvor mehrfach bei Hobbyturnieren und wurde von Spielern und Verantwortlichen immer wieder gefragt, ob er sich einen Wechsel nach Wenze vorstellen könnte. Im Waldstadion wollte der gebürtige Quarnebecker („Der Weg nach Wenze war ja nicht weit“) eigentlich seine Laufbahn gemächlich ausklingen lassen. „Drei bis vier Jahre – mehr waren eigentlich erst einmal nicht angedacht“, verrät der Routinier. Doch der kleine Wenzer Kader ließ es einfach nicht zu, dass sich Kammann gänzlich zurückzog. Zudem war der Abwehrstratege über die Jahre hinweg immer ein Führungsspieler, deshalb auch immerhin zwei Jahre lang Kapitän. 2012 stiegen die Rot-Weißen unter der Leitung von Trainer Axel Dörwald als Staffelsieger der 1. Kreisklasse in die Kreisliga auf – Kammanns größter Erfolg im Wenzer Trikot. Bis heute hat sich der kleine Verein in der höchsten Spielklasse des Altmarkkreises Salzwedel – mittlerweile trägt sie den Namen Kreisoberliga – gehalten.

Nachdem Marcus Kammann bereits in der Vorsaison als spielender Co-Trainer unter Tobias Trittel fungierte, ist er zur aktuellen Spielzeit zum Chef aufgestiegen. Auch Trittel war parallel als Spieler und Trainer tätig, musste aber zeitlich aus beruflichen Gründen Abstriche machen. „Viele Alternativen gab es nicht, also habe ich mich bereit erklärt, das zu machen. Der Verein liegt mir einfach am Herzen und er soll nicht zerfallen“, verrät Kammann. Personell sind die Wenzer schon seit jeher nicht unbedingt auf Rosen gebettet. Vor zwei Jahren stand der Verein bereits kurz vor der Auflösung, diese konnte aber durch die Reaktivierung mehrerer Akteure gerade noch abgewendet werden. „Das Umfeld ist einfach toll, auch der Zusammenhalt. Man sieht es schon bei den Arbeitseinsätzen, wie viele Leute hier mit anpacken. Es wäre einfach schade, wenn das irgendwann zerbricht“, weiß der 34-Jährige.

Der ist beruflich in Magdeburg tätig, hat zudem eine Familie zu versorgen und sich nebenbei auch noch um seine Leidenschaft SV Rot-Weiß Wenze zu kümmern. „Man muss sich die Zeit einfach nehmen, auch wenn es da schon die eine oder andere familiäre Hürde zu überwinden gab. Allerdings weiß meine Frau auch, dass ich den Sport als Ausgleich brauche“, so der Peckfitzer, der sich keinen Vereinswechsel als Spieler mehr vorgenommen hat. Als Trainer hat er nun natürlich viel vor- und nachzubereiten, es kommt mehr Arbeit auf den Verteidiger zu. Allerdings wird Kammann im Verein gut unterstützt. Sektionsleiter Sirko Fehse ist immer an der Seitenlinie dabei und kann von draußen dirigieren, wenn Marcus Kammann und Co-Trainer Christian Lenz aktiv auf dem Feld im Einsatz sind. „Das funktioniert eigentlich ganz gut. Wobei ich an sich der Meinung bin, dass man als Spielertrainer eigentlich nur auf Kreisebene ruhig arbeiten kann, bei allem darüber wird es schon deutlich schwieriger“, erklärt der Westaltmärker.

Mit 34 Jahren ist Kammann, der zumindest noch diese Saison aktiv zu Ende bringen möchte („Vielleicht spiele ich die nächste im Notfall auch noch“), nicht einmal der älteste Spieler im Wenzer Kader. Guido Rieck wird in diesem Jahr beispielsweise noch 40, dazu kommen mehrere über 30-Jährige wie Steffen Lenz, Tobias Trittel, Lars Stein, Martin oder auch Stephan Täger. „Leider lässt sich der demographische Wandel nicht aufhalten. Wenn wir Wolfsburg mit Volkswagen nicht in der Nähe hätten, sähe es mit Spielern sicherlich noch enger aus. Ich persönlich bin froh, dass die älteren Akteure bei uns immer noch zur Stange halten und sich voll einsetzen“, so Marcus Kammann, der den Klassenerhalt nach wie vor für möglich hält. Nachwuchsarbeit in Wenze ist – Stand jetzt – utopisch. Von daher dürfte es auch schwierig werden, das Team zu verjüngen. Kammann ist gar der Auffassung, dass es auf Dauer bei den Rot-Weißen auch nur mit einer Partnerschaft weitergehen kann, sprich mit einer Spielgemeinschaft. „Gerade junge Spieler wären gut für den Verein“, erklärt der Abwehrakteur, der früher durch seine Zweikampfstärke bestach, mittlerweile aber die konditionellen Nachteile häufig mit seiner Übersicht ausgleicht.

Der Peckfitzer ist übrigens auch als Beisitzer im Wenzer Vorstand aktiv, doch eine bedeutendere Funktion kann er sich zumindest momentan nicht vorstellen. „Das kommt zeitlich gar nicht in Frage“, weiß der Routinier. Eine Aufgabe als Schiedsrichter war vor längerer Zeit mal angedacht, Marcus Kammann entschied sich aber dagegen. Als Trainer möchte er nun aber die C-Lizenz – möglichst noch in diesem Jahr – erwerben. Die Lehrgänge sind spezialisiert auf den Nachwuchsbereich. „Eine Aufgabe als Jugendtrainer kann ich mir irgendwann schon vorstellen“, verrät der 34-Jährige. Sein Sohn Linus ist mittlerweile drei Jahre alt. Marcus Kammann würde seinen Junior gern ins Fußballgeschäft führen, später womöglich auch mal selbst trainieren. Da in Wenze wohl keine Nachwuchsarbeit aufgebaut werden kann, käme aufgrund der günstigen Lage zu Peckfitz womöglich der FSV Eiche Mieste in Frage.

Generell fasziniert es Kammann, sein Wissen an junge Spieler weiterzugeben und ihnen das ABC des Fußballs beizubringen. Mittlerweile hat der Westaltmärker in Wenze noch die Verantwortung für viele gleichaltrige Akteure. „Wir haben bestimmt fünf verschiedene Spielertypen in der Mannschaft, wo man wissen muss, wie man mit ihnen umzugehen hat. Man muss sicherlich auch mal auf den Tisch hauen, doch wichtig ist vor allem, dass der Spaß da ist. Klar möchte ich schon, dass meine Arbeit wertgeschätzt wird, doch ich muss auch sehen, dass es für die Jungs nur ein Hobby ist und Spaß machen muss“, verrät der 34-Jährige. Dennoch hofft Spielertrainer Marcus Kammann, dass die Akteure den Ernst mitbringen, alles für den Klassenerhalt beziehungsweise für das Bestehenbleiben des SV Rot-Weiß Wenze zu geben.