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Fußball-Verbandsliga SSC-Trainer René Kausmann kreidet die mangelnde Kommunikation mit dem Vorstand an "Ich habe die Unterstützung vermisst"

26.06.2014, 03:18

Ein turbulentes Jahr liegt hinter den Fußballern des Schönebecker SC. Und nur langsam kehrt Ruhe ein. Vor allem in der ersten Männermannschaft rumorte es gewaltig. René Kausmann aus dem ehemaligen Trainergespann mit Heiko Böhler kreidet vor allem die mangelnde Kommunikation vom Vorstand an.

Schönebeck l Sportlich gesehen hat der SSC das Maximum herausgeholt, was nach dem tragischen Tod von Wolfgang Breitmeier möglich gewesen war. Ursprünglich "wollten wir Erster werden, wir hatten klar die beste Mannschaften", ist sich Kausmann sicher. Trotz der Geschehnisse rund um die Jahreswende "sind wir noch gut in die Rückserie gestartet", wurden der BSV Halle-Ammendorf, VfB Merseburg und Lok Stendal bezwungen. In der Folge ging die Leistungskurve jedoch kontinuierlich nach unten. "Dass die Rückrunde nicht toll war, das wissen wir." Dafür macht Kausmann vor allem interne Gründe verantwortlich.

"Der Vorstand hat zu wenig mit uns kommuniziert, obwohl wir immer wieder versucht haben, anzurufen", wirft Kausmann Erik Hunker und Frank Wedekind vor, wobei er das Engagement und den Aufwand des Abteilungsleiters hervorhebt, der trotz der Todesfälle von Nachwuchsleiter Herbert Walleit und Wolfgang Breitmeier versucht hat, den Überblick zu behalten. "Das muss man würdigen und hoch anerkennen. Er hätte auch alles hinwerfen können. Er hat fachlich eine gute Arbeit geleistet. Es ist alles akurat."

Aufgestoßen ist hingegen, dass Hunker "im Januar nicht bei der Mannschaft war, um sie im neuen Jahr zu begrüßen". Vor allem in dieser neuen Situation, in der keiner so recht wusste, wie es nun weitergehen sollte. "Wir wollten wissen, was passieren wird. Mit uns hat aber keiner gesprochen, die Mannschaft wurde im Ungewissen gelassen. Irgendwann verliert man daher die Motivation und kann keine Spannung mehr aufbauen." Und auch nach dem Saisonabschluss "wurde den Spielern, die gehen, nicht viel Glück für die Zukunft gewünscht. Das sind für mich Grundprinzipien der Höflichkeit."

Dennoch haben die Spieler die Saison durchgezogen. "Jeder, der konnte, ist zu den Trainingseinheiten und zu den Spielen erschienen, obwohl vieles ungewiss blieb und sie die Auslagen nicht mehr ersetzt bekamen. Daher ziehe ich vor jedem den Hut. Der Vorstand hingegen wollte mit den Dingen, die vorher ausgemacht wurden, nichts zu tun haben. Dabei waren alle Verträge und Angebote nachvollziehbar, sie waren genau dokumentiert." Bis auf zwei Verträge wurden alle von Kausmann und Böhler gemacht. "Darum hatte uns Wolfgang Breitmeier gebeten."

Kausmann wollte zudem ein weiteres Versprechen vom Hauptsponsor erfüllen. "Ab Januar sollte ich in die Abteilungen gehen und sie über die angestrebte Fusion und ihre Vorteile informieren. Das war mit Wolfgang Breitmeier und Frank Wedekind so abgesprochen." Stattdessen seien vom Vorstand des SSC aber Ausreden formuliert worden, um diese Fusion nicht im Jahr 2014 anzukurbeln. Wenngleich Wedekind nach der gescheiterten Abstimmung im März 2013 davon sprach, nun keine Fehler mehr begehen zu wollen und die Fusion voranzutreiben, wurde bei der Mitgliederversammlung im November 2013 eine fehlerhafte Abstimmung vorgenommen, sodass diese ungültig war.

Fusion scheitert aufgrund mangelnder Konzentration

"Und anstatt dies einen Monat später gleich nochmal zu wiederholen, wurde nichts getan. Die handelnden Personen beim SSC gehen diese Sache scheinbar nicht konzentriert genug an. Zudem war niemand zu erreichen. Dafür fehlen mir die Worte. Hätten wir den Versuch gehabt, und er wäre gescheitert, hätte jeder gewusst, woran er ist. Bei einem Ja hätten wir den Sport in Schönebeck schon längst gestärkt."

Kausmann hatte mit vielen Unternehmern und Geschäftsführern gesprochen. Alle haben gesagt, die Fusion sein wichtig für die Stadt Schönebeck. "Damit kann man Kräfte und Finanzen bündeln. Viele Unternehmer haben zugesichert, ihr Sponsoring zu erhöhen, wenn sie für einen Großverein spenden." Allerdings ist zu wenig getan worden. "Die Chance, dass die Fusion zustande kommt, war nach der Tragödie doch immens hoch. Ein Jahr später sieht es sicherlich schon wieder ganz anders aus."

Zunächst bemühte sich Kausmann weiter, doch trotz mehrere Anrufsversuche "habe ich nichts mehr von Frank Wedekind gehört, wir haben keine Unterstützung bekommen, obwohl wir unsere Ideen zur Sponsorenfindung vorgelegt haben", bedauerte Kausmann. "Ich hätte mir gewünscht, dass der Vereinsvorsitzende sich mehr um die Fußballabteilung gekümmert hätte. Ich habe seine Unterstützung vermisst", bedauerte Heiko Böhler.

Freundschaftsspiele müssen abgesagt werden

Im Gegenteil: "Uns ist sogar eine Sache sehr bitter aufgestoßen, um die sich Frank Wedekind bemüht hatte. Unter anderem hatten wir einen Sponsor mit einer bestimmten Summe akquiriert. Diese wurde jedoch ohne unser Wissen gesplittet, wir haben nur etwa ein Viertel davon bekommen. Das geht in unserer Situation nicht, zumal wir selbst diesen Sponsor gewonnen hatten."

Zusätzlich waren Freundschaftsspiele geplant worden, um Zuschauereinnahmen zu erhalten. "Die Partien gegen den Halleschen FC, den 1. FC Magdeburg und RB Leipzig sind nicht zustande gekommen, weil HFC und FCM das Pokalendspiel erreichten und Leipzig um den Aufstieg kämpfte."

Dass dieses Engagement dem Vorstand ein Dorn im Auge ist, sei nicht geäußert worden. "Im Gegenteil. Man hat sich ja gewünscht, dass wir Sponsoren heranziehen - mit der Priorität für die erste Mannschaft. Der Vorstand hat in meine Richtung nie etwas Negatives gesagt. Ich hatte viele Ideen, die immer schwieriger geworden sind, weil die Kommunikation eingeschlafen war. Stück für Stück habe ich dadurch die Motivation verloren."

Und dann ist eine Sache passiert, "die für mich nicht nachzuvollziehen war". Es gab ein "Gentleman-Agreement" zwischen dem SSC und dem SSV, dass Spieler zwischen beiden Vereinen ablösefrei wechseln, wie beispielsweise Enrico Palm. Doch im Winter wollte Keeper Enrico Both an die Barbarastraße wechseln. "Erik Hunker hatte die Fraigabe für den Pass zugesichert", betonte Kausmann. Doch "die kam dann plötzlich nicht, obwohl ich mit ihm mehrfach geredet habe, dass er kein Nein draufschreiben soll, weil es abgesprochen war. Das war eine Taktlosigkeit." Somit fiel auch das geplante Derby in der Vorbereitungszeit, "das vermeintlich letzte Stadtderby, wenn die Fusion gelungen wäre", ins Wasser. "Ich danke dem SSV aber für seine Bereitschaft und sein Engagement, uns in der schweren Situation helfen zu wollen, und Sponsoren anderer Vereine für ihre Unterstützung."

Dabei hatte der SSC selbst personelle Engpässe, weil neben geplanten Spielerabgängen die Wechsel von Jacek Imianowski, Danny Rothe und Thomas Ritzmann nicht eingerechnet waren. Da aber die Kommunikation mit dem Vorstand praktisch nicht vorhanden war, "haben wir die Neuverpflichtungen selbst in die Hand genommen". So wurde Luiz Adriano De Oliveira aus Brasilien geholt, der komplett von den Trainer finanziert war. Es unterstützte Martin Weile von TV Askania Bernburg ebenso kostenfrei wie Martin Liebold vom MSV Preussen und David Kotkowski aus Niedersachsen (TuS Wettbergen). "Und die sind trotzdem gekommen, obwohl sie die Situation kannten. Alle haben versucht, dies auszublenden und bis zum Ende der Saison weiterzumachen. Auch das gesamte Team drumherum hat dabei gute Arbeit geleistet."

Mit frischem Wind in der Abteilung

Böhler geht sogar noch weiter: "Die Stadt hat eine große Chance verpasst. Was in den vergangenen Jahren aufgebaut wurde, führte man nicht zuende. Schönebeck hätte eine echte Nummer im Fußball in Sachsen-Anhalt werden können. Das hätte aber der Unterstützung von allen bedarft."

Nun kommt frischer Wind in die Abteilung, weil sich beispielsweise Christoph Breitmeier mehr engagiert, mit Steven Matzke als Sponsorenbeauftragter ein guter Mann dabei ist und auch Trainer Christian Kehr zurückkehrt. "Ich möchte nicht nachtreten, ich wünsche dem Verein für die Zukunft eine gute Struktur und hoffe, dass Situationen wie die in den vergangenen Monaten, weniger passieren, man einen Neuanfang startet und dem Nachwuchs, den man in den letzten Jahren entwickelt hat, eine gute Zukunft bieten kann."