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Fußball Zwillinge als perfekte Flügelzange

Die Zwillinge Florian und Philipp Neugebauer sind beim Landesligisten Union Schönebeck wieder vereint

Von Dennis Uhlemann 24.02.2017, 23:01

Schönebeck l Von Kindesbeinen an sind die Zwillinge Florian und Philipp Neugebauer ein perfekt eingespieltes Team, sowohl auf als auch neben dem Platz. Im Sommer 2016 trennten sich ihre fußballerischen Wege erstmals. Nun sind sie bei Union Schönebeck wiedervereint. Gleich aber dennoch verschieden: Das trifft aus fußballerischer Sicht wohl ziemlich gut auf die Zwillinge Florian und Philipp Neugebauer zu. Denn Florian ist Linksfuß und Philipp Rechtsfuß. Und das spielt den 20-Jährigen schon seit jeher in die Karten. So konnte Florian in der kompletten Jugend die linke Seite beackern und Philipp die rechte. Ob defensiv oder offensiv ist dabei fast egal. Sie bildeten schon immer eine brandgefährliche Flügelzange.

Mit dem Rücken zum Spielfeld kommt der Pass genau in den Lauf des jeweils anderen Zwillings. „Unser blindes Verständnis für einander zeichnet uns aus“, weiß Philipp, der etwas torgefährlicher ist als sein Bruder. „Phil hat die Qualität im Abschluss. Ich hab mich darauf spezialisiert, die Bälle in die Schnittstellen zu spielen und die Flanken punktgenau reinzubringen“, ergänzte Florian. Sein Bruder hat als Innenverteidiger angefangen und ist dann in den Sturm gewechselt. „Im Nachwuchs beim SSC hat er seine 50 Tore pro Saison geschossen“, merkte Florian an. Doch das Lob kann Philipp nur weitergeben: „Flo hat mir bestimmt 80 Prozent der Tore aufgelegt.“ Auf die Frage, was die beiden aneinander schätzen, wusste Phillip sofort: „Seinen linken Fuß.“ Und andersrum wahrscheinlich genauso? „Nein, ich bin ja mit rechts fast so gut wie Phil mit rechts“, flachste Florian. Wenn sich die beiden auf dem Platz nur halb so gut ergänzen wie bei den Interviewfragen, sollten sie auch künftig wieder eine unberechenbare Flügelzange bilden. Doch von vorne: Wie kamen die beiden gebürtigen Staßfurter eigentlich zum Fußball? Aufgewachsen sind die typischen Zwillinge, die bis ins hohe Jugendalter die gleichen Klamotten trugen, in Borne und Hadmersleben, wo sie auch den ersten Kontakt mit dem Fußball hatten. So landeten die beiden mit 5 Jahren beim TSV Hadmersleben. Und warum Fußball? Es blieb ihnen kaum eine andere Wahl. Denn in Hadmersleben galt: „Entweder du spielst Fußball oder du machst gar nichts.“ Und so entschieden sich sie Zwillinge erstmals in der Familie für das runde Leder. „Fußball war in unserer Familie nie ein Thema“, sagte Philipp.

Doch es wurde ein Thema. Denn die Nachwuchskicker zeigten Talent und fanden ihren neuen Lieblingssport. Auch Handball probierten sie als AG in der Schule aus. Aber Fußball hatte für die beiden immer Priorität, spätestens als sie als Zweitklässler zum Schönebecker SC wechselten. Mit dem Umzug in die Elbestadt streiften die beiden das SSC-Trikot über. Bei den Grünen durchliefen sie sämtliche Jugend-Abteilungen. Damit bauten die Neugebauers nicht nur eine Bindung zum SSC, sondern auch zu einigen Mannschaftskollegen auf. Lucas Schulz, Robert Soethe und Aaron Schäfer sind einige der besten Kumpels der Brüder. „Das sind die Leute, mit denen wir in der Jugend des SSC gekickt haben und die wir über Jahre kennen“ sagte Florian. Auch privat machen sie einiges zusammen. In letzter Zeit, so mussten beide eingestehen, blieb das jedoch etwas auf der Strecke. Florian macht seit anderthalb Jahren eine Ausbildung in der Volksbank in Wanzleben. Sein Bruder studiert im ersten Semester Soziale Arbeit an der Fachhochschule in Magdeburg. Doch wieder ein Blick in die Vergangenheit: Die Brüder hatten in der A-Jugend vor ungefähr drei Jahren mehrmals in der Woche Training. Sie arbeiteten sehr hart an der Verwirklichung des eigenen Traums. Sie wollten den Sprung in die erste Mannschaft des SSC schaffen. „Wir wollten mit unseren Idolen wie Christoph Breitmeier zusammen in einem Team spielen.“ Und die Brüder, die sich in erster Linie durch ihren Ehrgeiz auszeichnen, schafften es.

Sie gehörten ab der Saison 2014/15 zum Verbandsliga- Kader des Schönebecker SC. Für Florian und Philipp waren es in den zwei folgenden Jahren aber zwei schwierige Saisons, sie haben fast nur Niederlagen kassiert. „Wir haben viele Spiele verloren, teils jämmerlich, aber wir waren ein cooler Haufen“, so Florian. Im Sommer 2016 gab es dann einen Einschnitt in der Karriere der Jungs. Es stand die Fusion mit dem Schönebecker SV an. Und für die Zwillinge erstmals die Trennung auf dem Platz. Philipp schloss sich dem neugegründeten Verein Union 1861 Schönebeck an: „Ich hatte nie Ambitionen zu wechseln. Ich bin der Stadt und dem alten Verein sehr verbunden und wollte an diesem neuen Projekt mitwirken.“ Er machte den Schritt von der Verbandsliga zurück in die Landesliga. Sein Bruder entschied sich anders und wechselte zum SV Fortuna nach Magdeburg. „Ich wollte es mir selbst beweisen und nochmal probieren, ob es bei einem anderen Verein in der Verbandsliga besser klappt“, gab Florian zu. Doch das Experiment scheiterte. Aufgrund einer Knie-OP fasste der 20-Jährige bei Fortuna keinen Fuß, bestritt in dem halben Jahr nur ein Pflichtspiel. Er bereut den Wechsel dennoch nicht: „Es hat mich weitergebracht und mich reifen lassen.“ Zum Anfang des Jahres entschloss sich Florian aber zur Rückkehr nach Schönebeck. Ein „Riesenfaktor“, so sagt er selbst, war dabei auch sein Bruder, „der zuhause permanent genervt hat“. Dazu kamen positive Gespräche mit Union-Betreuer Steven Matzke und dem Trainer Mario Katte, die „großes Interesse an mir signalisierten“. Florian redet den SV Fortuna in keinsterweise schlecht, sagt aber: „Ich fühle mich hier wohler. Mein Bruder und meine Kumpels spielen hier.“ Denn auch Schulz (kam im Winter von Askania Bernburg), Soethe und Schäfer sind Unioner.

So bezeichnen sie sich selbst, als eine Union. „Aus Rivalen wurden Freunde“, ergänzte Philipp passend. Und das ist auch der Grund, warum es in dieser Saison bei den Grün- Roten so gut läuft. Vor dem Start der Rückrunde steht Union auf dem dritten Rang, nur drei Punkte hinter dem Spitzenreiter TSG Calbe. Viele sprachen vorher von einer „Orientierungssaison“, Union bewies das Gegenteil. Eine wichtige Säule dabei war Philipp, der alle 14 Spiele der Hinrunde absolvierte. Traut er es seinem Bruder auch zu, Stammspieler zu werden? „Wenn er wieder richtig fit ist, auf jeden Fall.“ Dann könnte die Neugebauer-Flügelzange wieder zum Einsatz kommen und zum Erreichen der Ziele beitragen. Dazu gehört in dieser Saison eine erfolgreiche Rückrunde und ein Platz unter den ersten Sechs. Langfristig wollen sich die beiden Talente wieder in der Verbandsliga etablieren, eines Tages vielleicht sogar in der Oberliga. Zuzutrauen ist es den Zwillingen.