1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Bloß nie wieder Zuschauer sein

Handball Bloß nie wieder Zuschauer sein

René Hulha gibt bei den Sachsen-Anhalt-Liga-Handballern der TSG Calbe ein Comeback, das sich gewaschen hat.

Von Björn Richter 24.01.2017, 00:01

Biederitz/Calbe l Das Schlimmste, so sagt René Hulha, sei nicht die Verletzung als solche gewesen. Nicht jener Moment kurz vor der Pause im Heimspiel gegen den ESV Lok Pirna am 7. November 2015, als sich der Aufbauspieler der Calbenser Handballer ohne Fremdeinwirkung das rechte Knie verdrehte. Der kurze stechende Schmerz, das Anschwellen des Gelenks und die Instabilität beim Auftreten – eben diese klassischen Symptome für einen Riss des vorderen Kreuzbandes handelt der 28-Jährige kurz und knapp als „meinen Unfall“ ab. Das Schlimmste sei nicht die mühevolle Reha nach erfolgter Arthroskopie und geglückter Operation im Januar des Folgejahres gewesen. Das Schlimmste am über einjährigen Leidensweg „war, einfach zuschauen zu müssen und nichts tun zu können“.

Es wäre müßig, zu spekulieren, ob der TSG-Abstieg aus der Mitteldeutschen Oberliga mit einem einsatzfähigen René Hulha zu verhindern gewesen wäre; zumal das Team in jener unglückseligen Saison 2015/16 gleich von etlichen Ausfällen seines Stammpersonals gebeutelt wurde. Doch sollte kein Zweifel daran bestehen, dass Hulha alles daran gesetzt hätte, dem Gang in die Sachsen-Anhalt-Liga vorzubeugen. Denn „Easy“, wie er stets gerufen wird, „ist der Kopf dieses Teams“, wie Calbes Trainer Andreas Wiese hervorhebt. Der 28:27-Erfolg am Freitag in Biederitz bestätigte die Aussage.

Sein eigentliches Comeback hatte der Rückkehrer bereits vor Wochenfrist beim 32:23-Heimsieg über den HSV Magdeburg gegeben. Weil sich Menschen aber gern von Zahlen überzeugen lassen, folgte nun also mit einer Woche Verspätung auch die Rückmeldung auf dem Protokoll, in das sich Hulha mit fünf Treffern eintrug. Diese sicherten ihm zwar nicht die Auszeichnung als bester Werfer – Ronny Krause traf zweimal öfter ins Schwarze –, doch dass die Handballer vom Heger in der Fremde jubeln durften, lag vor allem in der Schlussphase am Mann auf Rückraum Mitte. „Ihm mag verständlicherweise noch ein wenig Matchpraxis und der Bezug zu unserem Spiel fehlen, aber er hat in den entscheidenden Momenten die richtigen Entscheidungen getroffen und die Lücken gefunden“, adelte Wiese seinen Regisseur.

In einem Team, in dem Ron Barby als einziger Feldspieler an der „30“ kratzte, Christoph Borzucki im rechten Rückraum sich seine 19 Lenze nicht anmerken ließ und mit Florian Lück ein 18-Jähriger die meiste Zeit am gegnerischen Kreis ackerte, erschien es logisch, dass ein bisschen Erfahrung nicht schaden konnte. Erst recht nicht gegen einen Aufsteiger, der in der Schlussphase jede Zurückhaltung ablegte und zur Aufholjagd blies. „Man darf nicht vergessen, dass auch der Gegner über routinierte Spieler verfügt. Dazu hat Biederitz enormen Kampfgeist gezeigt. Wir dagegen haben zu sehr versucht, schnell zum Erfolg und mit unseren Toren auf eine sichere Stufe zu kommen. So entstehen eben überhastete Abschlüsse und Würfe, die wir nicht im Tor unterbringen“, analysierte Hulha.

Neben eigenen Treffern beruhigte er also das Calbenser Spiel und setzte vordergründig die Nebenleute in Szene. Für Coach Wiese die logische Folge, nachdem weite Teile in 2016 für Hulha mit Stabilisations- und Kräftigungsübungen einhergingen, ehe es vor knapp drei Monaten zurück zur Mannschaft ging: „Easy trainiert wieder komplett dreimal in der Woche mit dem Team. Körperlich ist er ohnehin schon wieder der Alte. Daher muss man ihn fast ein wenig bremsen, Einsatzzeiten und Intensität etwas dosieren.“

So zollte dann auch der gastgebende SV Eiche 05 eine der höchsten Anerkennungen, die ein Handballer erfahren kann: eine mannbezogene 5-1-Deckung. „René Hulha war der Dreh- und Angelpunkt im Spiel. Vielleicht muss ich mir als Trainer ankreiden lassen, die Manndeckung nicht schon vor der 51. Minute verordnet zu haben. Hätte, hätte, ...“, merkte der Biederitzer Coach Enrico Sonntag selbstkritisch an. So aber zog seine Mannschaft am Ende um einen weniger erzielten Treffer den Kürzeren und die TSG baute ihre ungeschlagene Serie auf acht Partien in Folge aus.

Ist also in der Rückrunde mit Blick auf die vorderen Plätze noch etwas möglich für die Calbenser? Hulha muss ein wenig überlegen: „Jeder, der Ehrgeiz mitbringt, will natürlich möglichst weit oben stehen. Aber wir blicken nur von Spiel zu Spiel, wollen uns entwickeln. Dazu hoffen wir, dass uns erfahrene Leute wie Felix Kralik oder Christian Hübner in Kürze wieder zur Verfügung stehen.“ Beide Routiniers müssen seit geraumer Zeit verletzungsbedingt passen und zuschauen – das Schlimmste, was einem Handballer passieren kann.