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Das Porträt der Woche: Nachwuchs-Fußballerin Denise Weidlich vom SV Sankt Georg Hecklingen Der Traum vom Nationaltrikot

Von Sandra Arm 09.04.2011, 04:26

Birgit Prinz war 16 Jahre alt, als die gebürtige Frankfurterin ihr Debüt in der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft gegen Kanada gab. Fast 17 Jahre später gehört die heute 33-jährige Angreiferin mit 208 Länderspielen und mit 128 Treffern zu den Routiniers im Team von Trainerin Silvia Neid. Die Rekordnationalspielerin denkt nach der Weltmeisterschaft vom 26. Juni bis 17. Juli im eigenen Land an Abschied aus der DFB-Elf. Eine, die mal in ihre Fußstapfen treten könnte, ist Denise Weidlich. Die zwölfjährige Nachwuchsfußballerin vom SV Sankt Georg Hecklingen steht zwar noch ganz am Anfang, aber sie sagt selbstbewusst: "Ich will in der Nationalmannschaft spielen."

Hecklingen. Der Weg dahin ist weit, aber den ersten Sprung, nämlich den in die U14 Mädchen-Auswahl des Salzlandkreises, hat Denise bereits geschafft. Ihr Trainer Frank-Peter Schmielau schätzt an ihr, dass "sie neben Nathalie Hamann eine der besten Spielerinnen ist. Sie kann den Ball gut abschirmen und sie läuft immer viel. Allerdings, wenn mal drei, vier Aktionen nicht funktionieren, dann muss man sie wieder aufbauen." Das musste der 53-Jährige am vergangenen Sonn-abend, als das Team zum ersten von zwei Turnieren zur Landesbestenermittlung in Calbe antrat, nicht. Aufgrund des dritten Platzes in der Vorrundenstaffel Süd, strebt Schmielau mit seinen Schützlingen in der Platzierungsrunde den sechsten Rang an. Die Gegner sind die Auswahlteams aus der Börde, Altmark-West und Mansfeld-Südharz. Es reiste nur Börde an, so dass sich beide Trainer auf zwei Vergleiche, nur der erste ging in die Wertung ein, verständigten. Den gewann die Salzland-Auswahl durch die beiden Treffer von Nathalie mit 2:0. Der zweite Vergleich endete mit einem 4:0-Sieg, an dem Denise mit drei Treffern einen gehörigen Anteil hatte.

Dabei mag es die Hecklingerin eigentlich nicht so gern, wenn sie als Angreiferin für Zählbares sorgen muss. "Ich freue mich mehr, wenn die anderen die Tore erzielen." Viel lieber verhindert sie nämlich welche, als letzte Frau. "Da brauche ich nicht so viel zu laufen", schmunzelt sie. Doch Schmielau setzte sie bewusst in der Offensive ein, so wie auch bei der ersten Hallen-Bestenermittlung in Köthen, als sie im Turnier fünf der sieben Treffer markierte und sich mit ihrem Team über Edelmetall freuen durfte. Die Bronzemedaille hat nun einen Ehrenplatz im alten Kleiderschrank gefunden. Sie hängt neben den anderen 51, die sie insbesondere bei Schulwettkämpfen in der Leichtathletik über 800 und 1 000 Meter sowie im Weitsprung errang.

Das Energiebündel ist also ständig in Bewegung, denn mittlerweile geht es bei "Dennis", wie sie von ihren Freunden und Mitspielern auf dem Platz gerufen wird, nicht mehr ohne das runde Leder. "Sie braucht nur sich und den Ball, dann ist sie glücklich", weiß Mutter Regina. Das Talent wurde ihr in die Wiege gelegt, denn Vater Dirk, den alle nur unter dem Namen August kennen, ist selbst noch bei den Alten Herren aktiv.

In den Verein trat Denise als Fünfjährige ein, ihr Vater war gleichzeitig ihr Trainer. Das war oftmals keine einfache Situation: "Er war besonders streng, er wollte nur das Beste und verlangte 100 Prozent Leistung." Doch auch an die vielen Diskussionsrunden nach Spielen als auch zuhause am Küchentisch können sich Mutter und Tochter gut erinnern. "Oftmals kullerten bei Denise danach die Tränen", weiß Regina. Das Engagement als Trainer hat Dirk im vergangenen Jahr aus Zeitgründen aufgegeben, Torsten Auer betreut nun das Team und damit auch Denise, die in der C- und D-Jugend aufläuft. Ein Wochenende ohne Doppelbelastung ist selten, so wie auch heute, wenn sie um 10.30 Uhr für die C-Jugend gegen den 1. FSV Nienburg das Trikot überstreift und morgen um 10 Uhr mit D-Jugend gegen den ESV Lok Güsten auf dem Platz steht. Klagen hört man sie aber nicht, denn dazu "macht es mir einfach zu viel Spaß".

Den hätte sie vielleicht auch auf der Sportschule in Magdeburg gehabt, den Aufnahmetest dazu hatte sie bereits im Frühjahr des vergangenen Jahres bestanden. Denise entschied sich um. "Es war ihr noch zu früh für die Sportschule", weiß ihre Mutter. Dafür ist Denise wohl auch zu sehr Familienmensch. Sie wuchs mit zwei älteren Brüdern, Hagen (22) und Dirk (28), auf. Dass sie das Nesthäkchen in der Familie ist, findet sie "gar nicht mal so schlecht." Obwohl sie sich mit ihren Brüdern gut versteht, gibt es gelegentlich mal Streit, vor allem mit Hagen, wie beim Spielen mit der Nintendo Wii. "Ich verliere nicht gern und dann ärgert er mich immer, aber wir versöhnen uns recht schnell wieder."

Richtig geärgert hat sich Denise vor zwei Wochen, als sie mit der D-Jugend gegen Concordia Nachterstedt mit 1:2 unterlag. "Wir hätten gewinnen können, aber wir haben zu viele Chancen vergeben." Doch auch über Niederlagen ihres Lieblingsvereins, den Bundesligisten FC Bayern München, den sie am Saisonende gern auf Platz eins gesehen hätte, kann sie sich aufregen, und das am liebsten mit ihrem Vater beim gemeinschaftlichen Schauen der Sportschau. Bei einem Akteur schaut Denise ganz genau hin, es ist Arjen Robben. "Er kann gut Fußballspielen, er ist nicht eigensinnig, sondern spielt mit der Mannschaft zusammen", unterstreicht sie die Vorzüge des 27-Jährigen. Daher hat die Farbe rot in ihrem Zimmer längst Einzug gehalten, so hängen an ihrer Wand Trikots von aktuellen und ehemaligen Bayern-Akteuren wie Bastian Schweinsteiger, Franck Ribery oder Roy Makaay.

An der Wand wäre auch noch Platz für ein weiteres Trikot, das von Birgit Prinz. Denise wird sie zusammen mit der Salzland-Auswahl schon bald live sehen, dann nämlich, wenn sich die deutsche Nationalmannschaft bei der Heim-WM als Gruppenerster der Staffel A für das Viertelfinale am Sonnabend, 9. Juli, in Wolfsburg qualifiziert. Dort würde die Elf von Neid auf den Gruppenzweiten der Staffel B treffen. Die Traumpaarung wäre natürlich Deutschland gegen England. So wie es auch die Vision von Denise ist, einmal im Trikot mit den Farben Schwarz-Rot-Gold aufzulaufen.