1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Eine gefühlte Niederlage

Fußball Eine gefühlte Niederlage

Der SV 09 Staßfurt zeigt beim 0:0 gegen Wernigerode in der Fußball-Landesklasse III eines der schlechtesten Saisonspiele.

Von Enrico Joo 04.12.2016, 23:01

Staßfurt l Der kleine Begrenzungskegel für die Coaching-Zone konnte nun wirklich nichts dafür. Aber Markus Müller musste so kurz nach dem Spiel seinen Gefühlen ja irgendwie Ausdruck verleihen.

Also nahm der Staßfurter nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Germania Wernigerode Anlauf. Er schwang sein Bein durch und trat den kleinen Begrenzungsposten kurzerhand einfach um. Der Kegel blieb liegen, Müller schlurfte mit hängendem Kopf Richtung Kabine. Der Mittelfeld-Spieler vom Fußball-Landesklassisten SV 09 Staßfurt musste nach der torlosen Punkteteilung gegen Wernigerode nicht viel sagen. Er war enttäuscht. Das zeigte sein emotionaler Ausbruch. „Vorne waren wir zu unbeweglich. Uns hat der letzte Wille gefehlt. Das ist reine Kopfsache“, sagte er geknickt.

Das 0:0 gegen die Harzer war bemerkenswert. Es war das erste Mal, dass die Staßfurter in der laufenden Saison ohne eigene Tore blieben. Es war das erste Mal, dass die Bodestädter Punkte vor dem eigenen Publikum abgaben. Und es war überhaupt erst das zweite Mal, dass Staßfurt nicht als Sieger vom Platz ging. Die Gefühlslage von Trainer Jens Liensdorf war verständlich. „Es fühlt sich wie eine Niederlage an“, sagte er. „Wir haben zu wenig investiert, waren nicht präsent.“ Aber besonders die Leistung in der ersten Halbzeit stimmte ihn nachdenklich. „So etwas habe ich noch nie von meiner Mannschaft gesehen“, gab er zu. Das 0:0 gegen Wernigerode zählte zu den schlechtesten Saisonspielen.

Die Partie hatte einen eigenartigen Verlauf. Wie erwartet hatte Staßfurt prozentual hohe Spielanteile. Und wie erwartet spielte Wernigerode abwartend. Ungewöhnlich war aber die Spielweise der Gastgeber. Bis zum Strafraum kombinierte der SV 09 auf dem Edgar-Stein-Spielfeld in Staßfurt ganz gefällig. Dann war Schluss im umständlichen Angriffsspiel. Keine Ideen beim finalen Pass, keine sauberen Abschlüsse aus der zweiten Reihe. Das nicht vorhandene Kreieren von Chancen bereitete den 80 Zuschauern, die es mit dem SV 09 hielten, Stirnrunzeln.

Mehr noch: Die größten Möglichkeiten hatte Wernigerode. In der 25. Minute wurde der Ball clever durch die Staßfurter Abwehr gesteckt. Lars Herlemann stand frei vor Keeper Robert Michalak. Im Eins-gegen-Eins hielt der 27-Jährige in seinem ersten Saisonspiel die Gastgeber mit einem tollen Reflex aber im Spiel.

Brenzlig wurde es dann auch noch mal in der 45. Minute kurz vor dem Seitenwechsel. Steven Stachowski trennte den Wernigeröder Daniel Michaelis im Strafraum vom Ball. Und berührte mehr den Gegner als das Spielgerät. Strafstoß oder nicht? Gästetrainer Herbert Reulecke forderte lautstark den Elfmeter. Und auch Jens Liensdorf gab nach dem Spiel zerknirscht zu: „Das war ein Elfmeter. Wir hätten uns nicht beklagen dürfen, wenn wir 0:2 hinten gelegen hätten.“ Das sah auch Müller so: „Wir hätten hinten liegen müssen. Wir waren blind.“ Schiedsrichter Tobias Burg pfiff aber nicht. Und Staßfurt ging mit einem glücklichen 0:0 in die Halbzeit.

Es war laut in der Kabine. „Lauter als sonst“, wie Liensdorf sagt. Immerhin: Der SV 09 zeigte sich nach dem Wechsel willensstark. Felix Jesse, der den privat verhinderten Stefan Stein im Angriff ersetzte, hatte in der 50. Minute freie Schussbahn, trat aber über den Ball. Jesse passte in der 55. Minute auf Matthias Lieder, der schoss über das Tor. Und als auch nach einem vermeintlichen Foul an Nick Unger (90. Minute) im Strafraum der Pfiff des Referees ausblieb, war klar: Es bleibt beim 0:0. „Da war zu wenig Laufbereitschaft. Jeder hat individuelle Fehler gemacht. Alle hatten einen schlechten Tag“, klagte Liensdorf.

Schon in der 36. Minute hatte der Coach die Zeichen der Zeit erkannt. Ungewöhnlich früh nahm Liensdorf mit David Siegel seinen Läufer auf der linken Seite für Unger vom Platz. „David war gar nicht im Spiel“, sagte Liensdorf. „Ich wollte ein Zeichen setzen.“ Gefruchtet hatte das nicht wirklich. Liensdorf zog dennoch ein versöhnliches Fazit. „Das muss man dann auch mal akzeptieren.“

So sind die Fakten vor den letzten beiden Spielen vor der Weihnachtspause folgende: Als Tabellenführer hat Staßfurt nun nur noch vier Punkte Vorsprung vor Eintracht Osterwieck. Der 4:2-Sieg gegen Langenstein am Sonnabend war der sechste in Folge für die Harzer. Es ist wieder ein bisschen Spannung in der Liga. Ist das vielleicht sogar gut für den Kopf? „Ich hätte lieber 15 Punkte Vorsprung“, sagte Liensdorf. Er sprach von einem „komischen Gefühl.“

Noch immer ungeschlagen, aber auch nicht unerreichbar enteilt sind die Staßfurter. Die Meisterschaft und der Aufstieg werden Staßfurt eben nicht geschenkt. Nur: Viele solcher Spiele wie am Sonnabend sollte sich der SV 09 nicht leisten. Sonst könnte das große Saisonziel tatsächlich ernsthaft in Gefahr geraten.

SV 09 Staßfurt: Michalak – Müller, Siegel (36. Unger), Jesse, Lieder, Kollmann, Schmidt, Stachowski, Moye, Horstmann (62. Mähnert), Härtge (70. Abresche)

Germania Wernigerode: Lieberwirth – Willner, Seil, Raue, Milde (36. Riecke), Seil, Michaelis, Reichelt, Rentz, Dreyer (87. Plowas), Herlemann

Tore: Fehlanzeige; SR: Tobias Burg (Dessau); ZS: 80