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Fußball Förderstedts Stehaufmännchen

Nach zwei Kreuzbandrissen hat sich Hogir Isa beim Landesligisten SV Förderstedt wieder zurückgekämpft.

Von Enrico Joo 13.10.2016, 23:01

Förderstedt l Er rannte und rannte. Immer und immer wieder. Spaß hatte Hogir Isa am Dienstag sicherlich nicht. Training beim Fußball-Landesligisten SV Förderstedt vor dem Heimspiel am Sonnabend um 15 Uhr gegen Union Heyrothsberge war angesagt.

Isa war da ein armer Tropf. Zusammen mit Philipp Früchtel hatte er von Trainer Enrico Tietzel Sonderschichten aufgebrummt bekommen. Die beiden haben nämlich ein erkennbares Defizit. „Sie müssen schneller werden“, sagt Tietzel. Also wurden die Antritte geübt, solange bis den Fußballern „schwarz vor Augen wurde“, wie Tietzel erklärt.

Wie immer hängten sich die Spieler voll rein. Und dass Hogir Isa sein Knie überhaupt wieder so belasten kann, ist überaus erstaunlich. Förderstedts Stehaufmännchen ist erst 22 Jahre alt. Aber seine Leidensgeschichte ist bedauerlich. Zwei Kreuzbandrisse im rechten Knie, kurz hintereinander, hatten ihn eineinhalb Jahre heraus geworfen aus dem Sport. „Das war eine extrem harte Zeit“, wie Isa heute sagt.

Das erste Mal riss ihm das vordere Kreuzband im Dezember 2014 bei einem Hallenturnier in Thale. Damals spielte er noch für den FSV Hettstedt in der Landesklasse. Beinahe täglich fuhr er in die Fachklinik nach Blankenburg im Harz zur Reha. Muskeltraining, Physiotherapie, Übungen im Schwimmbad, um das Beugen und Strecken des Knies wieder zu ermöglichen, standen auf dem Plan. Alles im Wechsel, jeden Tag. Fußball gab es für Isa nur als Zuschauer am Spielfeld-rand oder vor dem Fernseher. „Ich hatte auch mit dem Gedanken gespielt, mit dem Fußball aufzuhören“, sagt Isa.

Doch er kämpfte sich zurück. Im Juni 2015 war er körperlich soweit wieder hergestellt. Isa war gerade bei einem Polizeitest. Da passierte das zweite große Unglück. Wieder riss das vordere Kreuzband im Knie. Wieder rechts. Was er da gedacht habe? „Mist.“ Das ist wohl noch glimpflich ausgedrückt. Die Rehabilitation begann von vorne, er tat sich das alles noch mal an. „Man kann halt nicht ohne Fußball“, sagt Isa. Diesmal machte der Deutsch-Syrer auch viel allein, er kannte das ja. Schon in der vergangenen Saison machte der 22-Jährige die ersten Spiele für Förderstedt, aber die schützende Bandage um das Knie, die behielt er lieber noch.

Bis Enrico Tietzel kam. Der machte eine zackige Ansage im Training. „Er sagte zu mir: ‚Mach die Bandage einfach ab. Vertrau mir‘“, berichtet Isa. Denn so eine Bandage hat auch einen Nachteil. „Dadurch wird die Muskulatur nicht richtig aufgebaut“, erklärt Isa. Er machte sie also ab. Und es funktionierte. „Ich habe jetzt keine Angst mehr. Ich bin da Enno (Enrico Tietzel, Anm. d. Red.) auch dankbar. Ohne ihn hätte ich sie nicht so früh abgemacht.“

Nun ist es Oktober 2016. Seit dem Spiel in Bismark vor vier Wochen spielt Hogir Isa also ohne Knieschutz. In der Innenverteidigung ist er dafür zuständig, den Laden dicht zu halten. Eigentlich ist Isa aber ein Mittelfeldspieler. „Ich war immer sehr ballverliebt. Das letzte Mal musste ich bei Lok Aschersleben in der Jugend in der Innenverteidigung spielen.“ Weil in Förderstedt aber die Innenverteidiger rar sind, muss er nun ganz hinten aushelfen. Neben dem erfahrenen Michael Buschke heißt es für Isa: Lernen, lernen, lernen. „Buschke liest das Spiel wie kein anderer. Er ist das Sprachrohr“, sagt Tietzel. „Er hilft mir. Ohne ihn würde es nicht funktionieren“, sagt Isa über seinen 33-jährigen Nebenmann.

Viel sprechen, Abseitsfallen stellen, ordnen und organisieren. All das hat bei Isa noch Verbesserungspotenzial, das weiß er selbst: „Manche Spiele war das ein Totalausfall. Aber die letzten drei Spiele hat es wunderbar funktioniert.“ Da gab es dann auch mal ein Lob von Buschke für Isa. „Klar, er braucht noch ein bisschen, muss schneller im Zweikampf sein“, gibt Tietzel zu. „Aber er ist technisch gut, kopfballstark, auch sein Stellungsspiel hat sich verbessert.“ Isa ist fit. Das ist vielleicht am wichtigsten. „Manchmal zwickt die Narbe noch. Aber das ist ganz selten.“ Und so wird er auch morgen gegen Heyrothsberge von Beginn an ran dürfen.

Im Duell der beiden punktgleichen Kellerkinder der Landesliga ist der SFV nach zwei Siegen in Folge darauf getrimmt, die Erfolgsserie auszubauen. „Wir sind absolut optimistisch. Die Euphorie ist groß“, hat Tietzel beobachtet. Bis auf Markus Janich (Adduktorenprobleme) und Marco Janich (gebrochene Hand) sind alle Spieler einsatzbereit. „Ich möchte nicht überkandidelt klingen, bei Heyrothsberge gibt es gestandene Landesliga-Kicker. Aber wir sind auf einer kleinen Erfolgswelle“, sagt der Coach. „Wer mehr Fehler macht, wird verlieren.“

Vielleicht wird es dann für Hogir Isa die Woche der guten Nachrichten, auch wenn die vom Donnerstag kaum zu toppen ist. Da war der 22-Jährige bei einem Vorstellungsgespräch bei der Polizeihochschule in Aschersleben. Er weiß jetzt: Im März 2017 kann er seine Ausbildung für den mittleren Dienst beginnen. Nur die polizeiärztliche Untersuchung in Magdeburg muss er noch absolvieren. Da ist dann der Fußball auch irgendwie nebensächlich.

Hauptsache, er bleibt gesund. Und das mit der Schnelligkeit, das kommt dann auch irgendwann. Ganz sicher.

Es fehlen: Marco Janich (langzeitverletzt), Markus Janich (Adduktorenprobleme); SR: Nick Kahlert (Olympia Schlanstedt)