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Bewegungsschule Spaß am Sport statt Leistungsdruck

Der erfolgreiche Barleber Oberliga-Coach Mario Middendorf ist auch im Berufsleben dem Sport verbunden.

Von Stefanie Brandt 25.06.2016, 01:01

Magdeburg l Was – außer Urlaub – macht ein Fußballtrainer eigentlich in der Sommerpause? Diese Frage stellte die Volksstimme-Sportredaktion Mario Middendorf. Die Antwort? Trainieren! Und zwar Kinder.

Ein bisschen ist es wie verkehrte Welt: In seiner Freizeit arbeitet Mario Middendorf akribisch, um mit seinen Fußballern gute Ergebnisse einzufahren, und ist dafür bekannt, sogar mal mit einem Sieg unzufrieden zu sein – zum Beispiel wegen eines unnötigen Gegentores. Im Berufsleben hingegen geht es ihm mit seiner Firma „aktiVaria – Entdecke den Sport“ einfach nur darum, Kindern Spaß an der Bewegung zu vermitteln – völlig frei von Leistungsdruck.

„Die sportliche Förderung in meiner Kindheit ist eine andere gewesen als die, die wir heute erleben. Das ist mir während des Studiums, aber auch durch die Tätigkeit beim FCM und Gespräche mit Trainern wie Jürgen Pommerenke klar geworden. Als es gegen Ende des Studiums darum ging, was man in Zukunft macht, riet uns unser Dozent Dr. Bernd Dierks, nicht noch einen Seniorensportverein zu gründen, sondern etwas für die Zukunft des Sportes zu tun. Das brachte uns auf die Idee“, berichtet der Sportwissenschaftler von den Anfängen.

Private Initiativen zur Sportförderung werden immer wichtiger, denn der Unterricht an Schulen wird teilweise ersatzlos gestrichen, in manchen Kindertagesstätten gibt es nicht einmal Bewegungsräume. Gleichzeitig erscheinen Studien, die belegen, dass aufgrund von Bewegungsmangel unter anderem die Zahl der rheumatischen Vorerkrankungen schon bei Kindern steigt.

Und nicht nur für die körperliche Gesundheit ist Sport wichtig. „In Hamburg zeigte eine Studie mit verhaltensauffälligen Kindern, dass jene, die vor den anderen Fächern Sportunterricht hatten, lernfähiger waren, weil die überschüssige Energie einfach abgebaut werden konnte“, weiß Middendorf.

Mit aktiVaria will er Kinder schon früh für den Sport begeistern, so dass sie im Idealfall ihr Leben lang aktiv bleiben. Trainiert wird direkt in den Einrichtungen, derzeit in 15 Kitas und Grundschulen in Magdeburg und dem Umland. Dadurch werden Eltern zusätzliche Wege erspart und schüchterne Kinder müssen sich nicht erst in einer neuen Gruppe zurechtfinden.

Der 37-Jährige erklärt: „In erster Linie ist unsere Bewegungsschule dafür da, Kinder ab dem dritten Lebensjahr auf die motorischen Anforderungen der Grundschule vorzubereiten. Die Feinmotorik, der Sehnen- und Bandapparat werden gestärkt. Sie lernen, dass Sport gesund und etwas Tolles ist, ohne dass man sagt: Das werden mal Leistungssportler. Bei Sportspielen gewöhnen sie sich an die Materialien, sehen, ob sie eine Affinität für Hand oder Fuß haben, erleben die Vielfalt der Bewegung. Bis zum Schuleintritt sollen sie sich ausprobieren und vielleicht eine Sportart finden, die ihnen langfristig Freude bereitet. Der Wettkampfgedanke spielt dabei keine Rolle. Die Sozialkompetenz wird aber gestärkt, sie lernen den Umgang mit Erfolg und Misserfolg.“

Weil diese Punkte für die kindliche Entwicklung wichtig sind, werden die aktiVaria-Angebote durch das Bildungs- und Teilhabepaket für einkommensschwache Familien unterstützt.

Ein anderer Teil von Middendorfs Arbeit – und gerade jetzt vor den Sommerferien von Bedeutung – ist seit 2013 die Schwimmschule.

„Wenn ich Kinder danach frage, warum sie nicht alleine ins Wasser gehen dürfen, lautet die Antwort komischer Weise meistens: Weil da Haie oder Welse drin sein könnten“, berichtet der Trainer. Gar nicht lustig ist die Wahrheit über die wirkliche Gefahr: Die zweithäufigste, unfallbedingte Todesursache bei Kindern ist das Ertrinken. Das aktiVaria-Konzept setzt den Schwerpunkt deshalb bei der Sicherheit und Rettungsfähigkeit der Kinder und unterscheidet sich damit vom normalen, hiesigen Schwimmunterricht.

Vorbild ist Australien, Weltmacht im Schwimmsport, wo Kinder meist schon schwimmen können, wenn sie in die Schule kommen. „Dort wird ganz anders darauf hingearbeitet. In Deutschland gibt es viele, die selbst in der 3. Klasse nicht schwimmen können“, informiert Middendorf.

„Wir versuchen, nachhaltig zu arbeiten. Primärziel eines Zehnerkurses ist nicht, dass man dann das technisch anspruchsvolle Brustschwimmen kann. Bei uns beginnen die Kinder ja schon mit vier Jahren. Wir bringen ihnen anfangs bei, dass es kein Problem ist, Wasser in Augen, Ohren oder Nase zu haben. Wenn sie sich an das Element gewöhnt haben, dann haben sie mehr Freude daran. Die Trainer sind immer mit im Wasser, stellen Vertrauen her, zeigen wie man auf dem Wasser liegen kann – wir nennen das Seestern. Über das Rückenschwimmen und Paddeln geht es dann ins Kraulen.

Im Endeffekt wollen wir, dass die Kinder sich notfalls selbst retten können und wissen, wie sie reagieren müssen, wenn sie mal ins Wasser fallen. Dafür werden sie – wenn das Vertrauen da ist – auch mal mitsamt Klamotten ins Wasser geschubst. Das sieht erstmal rabiat aus, aber sie merken dann: Der Trainer muss nicht helfen, ich kann das alleine. Das hilft, wenn sie wirklich mal in der Schocksituation sind. Der Kopf holt dann diese Automatismen hervor.“

Der Erfolg gibt ihm Recht: 2013 mit sieben Kindern in zwei Einrichtungen gestartet, sind bei einer Kapazität von 235 Plätzen in sieben Einrichtungen inzwischen 230 Mädchen und Jungen aktiv, dabei 75% „Wiederholungstäter“.

Middendorf sieht aktiVaria aber nicht als Konkurrenz, sondern als Bindeglied zum Sport- oder Schwimmverein, hat schon einige Kinder gemäß ihrer Begabung in Vereine vermittelt. Diese Zusammenarbeit spiegelt sich zum Beispiel auch im K+S Fußball-Ferien-Camp des FSV Barleben wider, das vom 27. Juni bis 1. Juli am Anger durchgeführt wird.

Eltern und Einrichtungen, die Interesse an einem der aktiVaria Angebote haben, oder sich weiter darüber informieren möchten, werden im Internet unter http://www.aktivaria.de/ fündig, oder können sich telefonisch unter 0391/73345096 melden.