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Olympia Hinter den Kulissen lief nicht alles rund

Den Journalisten in Rio fehlte es an olympischem Flair und gutem Essen.

Von Thomas Juschus 22.08.2016, 01:01

Wenn Sie heute beim Frühstück die Volksstimme aufschlagen und diese Zeilen lesen, sitze ich im Flugzeug und schwebe über dem Atlantik. Schon vor der Abschlussfeier in Rio ging’s für mich zum Flughafen. Wehmut oder Abschiedsschmerz nach fast drei Wochen unter dem Zuckerhut beim größten Sportereignis der Welt? Nein.

Zum vierten Mal durfte ich bei Olympia dabei sein. Für mich waren es die schwächsten Spiele. Athen 2004 war meine Premiere, deshalb ist der Blick zurück wahrscheinlich inzwischen ein bisschen verklärt. Peking 2008 setzte Maßstäbe in der Organisation. Und in London 2012 präsentierte sich vor allem das Publikum überaus begeisterungsfähig.

Rio bietet ein traumhaftes Ambiente, die weit auseinander liegenden Sportstätten waren auf den ersten Blick ansprechend bis spektakulär. Doch hinter den Kulissen lief beileibe nicht alles rund – zumindest für uns Journalisten. Den deutlich überwiegenden Teil meines Tages habe ich mit Warten verbracht – Warten an Sicherheitskontrollen, Warten auf den Bus, Warten im Stau, Warten auf eine zuverlässige Auskunft, Warten bei überforderten Verkäufern an der Kasse.

Das Essen in den Sportstätten war dreiste Abzocke und ungenießbar. Jedenfalls, wenn man mehr als zwei, drei Tage bei Olympia verbracht hat. Olympisches Flair habe ich auch vielerorts vergeblich gesucht – und nur selten gefunden. Oft halbleere Arenen und Hallen, das zuweilen sehr unfaire brasilianische Publikum bleiben mir eher negativ in Erinnerung.

Klar, es gab auch magische Momente. Wenige, aber immerhin. Der Sieg von Bahnsprinterin Kristina Vogel gehörte dazu. Ebenso wie die anschließende Feier im Deutschen Haus. Beim Triumph von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst durfte ich ebenso im Stadion sitzen wie beim Fußball-Endspiel zwischen Brasilien und Deutschland im legendären Maracãna. Ansonsten sammelte ich vor allem Eindrücke in viel zu kalt klimatisierten Pressezentren und im zugigen Velodrom.

Nach drei Wochen freue ich mich auf meine Frau, aufs Zuhause, auf Essen, das nicht aus der Mikrowelle kommt, und Brot, das wie Brot schmeckt. Ob ich in vier Jahren nach Tokio 2020 will? Im Moment eher nicht, aber wie sagten hier in Rio viele deutsche Sportler: „Das kann es mit Olympia noch nicht gewesen sein.“