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Bob: MSC-Anschieber verarbeitet in Gesprächen Olympia-Enttäuschung "Papa" Hübenbecker will seinen Spaß zurück

Von Daniel Hübner 05.04.2014, 03:14

Magdeburg l Und wenn Sachsen-Anhalts Athleten nur einen achten Platz bei Olympia erreichen, sei das doch ein tolles Ergebnis, hat Reiner Haseloff, der Ministerpräsident, bei seinem Empfang der Wintersportler am Dienstag in der Staatskanzlei erklärt. Das mag seine Sicht auf Erfolg sein. Die Sicht des Bob-anschiebers Marko Hübenbecker vom Mitteldeutschen Sportclub (MSC) ist eine andere: "Dabeisein ist für uns einfach nicht alles. Wir sind unserem Land den Erfolg einfach schuldig, weil es in uns viel Geld und Zeit investiert." So funktioniert der wahre Leistungssportler in Deutschland.

Und hat Hübenbecker bei den Winterspielen in Sotschi funktioniert, als er im Vierer mit Pilot Maximilian Arndt nur zu Rang sechs gefahren war? "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", betont der 1,98-Meter-Hüne, der zu den besten Anschiebern des Bob- und Schlittenverbandes gehört.

Über die wahren Ursachen des Bobdebakels, anders sind die ersten medaillenlosen Spiele seit 50 Jahren nicht zu bezeichnen, wird derzeit an anderer Stelle philosophiert: vor dem Sportausschuss des Bundestages. Die Nachrichtenagentur dpa zitierte aus der jüngsten Sitzung den Zeugen Holger Schmale, Direktor des Sportgeräte-Entwicklers FES: "Die These, dass das schlechte Abschneiden ausschließlich am Material festzumachen ist, konnte klar widerlegt werden." Und die dpa zitierte den Zeugen Kevin Kuske, Anschieber von Pilot Thomas Florschütz (Riesa): "Das Athletiktraining bei den Bremsern hat voll angeschlagen, doch die Anschubleistungen der Piloten waren nicht immer auf Weltklasse-Niveau."

Hübenbecker möchte sich zu Einzelheiten nicht äußern. Er sagt: "Überall wurden Fehler gemacht." Der Bundespolizist führt derzeit mit Trainern und Kollegen viele Gespräche, mit denen er seine Enttäuschung verarbeiten will - wenngleich sie vieles wieder aufrütteln. "Wir haben Jahr für Jahr von Erfolg zu Erfolg bis hin zum Weltmeistertitel 2013 gearbeitet, und ausgerechnet an diesem historischen Tag versagt alles", erklärt der 27-Jährige. Er will alles analysieren und dann "gegebenenfalls Konsequenzen ziehen". Wie auch immer diese aussehen - das Wichtigste ist zunächst: "Ich will wieder Spaß an meinem Sport haben." Bereits in dieser Woche hat für die Anschieber die Vorbereitung auf die nächste Saison begonnen.

Seinen Frust vergessen konnte er zumindest in der ersten Zeit nach Olympia - mit der Geburt seines Sohnes Marvin. Drei Tage nach seiner Rückkehr hatte er seine Aileen ins Krankenhaus gefahren. "Marvin ist ganz ruhig und lässt Papa schlafen", erzählt Hübenbecker glücklich. Schlaf war nötig nach seiner Olympia-Premiere, wenngleich die Spiele "trotzdem schön und eine tolle Erfahrung waren".

Auch deshalb kann Hübenbecker inzwischen äußerlich seine Enttäuschung verbergen: Er lacht, er lässt jeden an seinem Spontan-Humor teilhaben. Keine Spur mehr von diesem unendlich traurigen Gesicht, das er nach der letzten Fahrt durch den Eiskanal von Sotschi der Welt gezeigt hatte: Während eines TV-Interviews mit Pilot Arndt dehnte er sich im Hintergrund, winkte schüchtern in die Kamera und vermittelte den Eindruck, er wollte noch etwas sagen: "Wenn ich etwas gesagt hätte", erinnert sich Hübenbecker, "dann das: Es gibt auch ein nächstes Olympia." In Pyeongchang 2018.