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Speerwurf-Weltmeister will bei Comeback nichts übers Knie brechen De Zordo hakt 2013 als "Seuchenjahr" ab

Für Matthias de Zordo war das Jahr 2013 eines zum "Abhaken". Ehe die
Saison für den Speerwurf-Weltmeister vom SCM richtig begonnen hatte, war
sie bereits beendet: Achillessehnenriss. Bei seinem Comeback will er es
langsam angehen lassen.

Von Janette Beck 13.12.2013, 01:05

Magdeburg l Würde es in der deutschen Leichtathletik eine Wahl zum "Pechvogel des Jahres" geben, dann wäre Matthias de Zordo wohl der heißeste Kandidat. Den Speerwurf-Weltmeister, der im Sommer 2012 vom SV Saarbrücken zum SC Magdeburg gewechselt war, hat es ausgerechnet in dem Jahr mit der Unglückszahl 13 am Ende voll erwischt. Just in dem Moment, als er in Halle Anfang Mai im ersten Wettkampf für seinen neuen Verein "gleich mal einen raushauen" wollte, riss die Achillessehne. Aus, vorbei - die Saison war beendet, und dem neugegründeten Wurf-Elite-Team des SCM war sein proklamiertes Zugpferd abhanden gekommen.

"Im Nachhinein habe ich mich geärgert, dass ich vorher den Mund zu voll genommen hatte", schaut der 25-Jährige, der sich momentan zweimal die Woche in Magdeburg im Kraftraum oder in der Reha tummelt, zurück. "Aber ich wollte unbedingt beweisen, dass ich nach dem verpatzten Olympiajahr mit einem neuen Trainer und einem neuen Umfeld zu alter Stärke zurückfinden kann."

Und es lief nach dem Wechsel in die Trainingsgruppe von Ralf Wollbrück wirklich gut. "Das war vielleicht alles zu schön, um wahr zu sein: Ich war super über den Winter gekommen, fühlte mich topfit und war überzeugt, bei der WM in Moskau etwas reißen zu können. Und dann klinke ich mich gleich im ersten Wettkampf so aus, dass gar nichts mehr geht. Dumm gelaufen!"

Der lange Weg der Rehabilitation war beileibe kein leichter. Zumal ein Achillessehnenriss im Stemmbein gerade für einen Speerwerfer buchstäblich der Super-GAU ist - der größte anzunehmende Unfall. Vor allem die Zeit, als de Zordo nach seiner Operation in der Klinik in Vogelsang mit Vollgips "wochenlang nur rumgelegen" und selbst beim Toilettengang Hilfe gebraucht habe, sei "ziemlich deprimierend" gewesen, gesteht der Speerwerfer.

Doch zum Glück hatte der 25-Jährige Freundin und "Privat-Chauffeurin" Isabell an seiner Seite: "Sie war und ist mir bei allem eine große Stütze, hat mich mit ihrem Optimismus in dunklen Tagen immer wieder aufgebaut", weiß de Zordo, dass auf seine Isabell "in guten wie in schlechten Zeiten immer Verlass ist".

Den Glauben daran, dass er irgendwann wieder mit einem Speer am Wurfsektor steht, den hat der Linkshänder bis auf eine Ausnahme nie verloren. "Nur einmal, im August, als ich einen größeren Rückschlag hinnehmen musste, da hatte ich einen richtigen Hänger. Da kamen Zweifel auf, ob ich es überhaupt noch einmal zurückschaffe." In dieser Phase hielt er sich mit Björn Otto "das beste Beispiel" vor Augen: Der Stabhochspringer hatte sich 2009 und 2010 in jedem Fuß einmal die Sehne gerissen. "Und er hat es beide Male wieder zurück in die Weltspitze geschafft. Warum soll mir das nicht auch gelingen?"

Als eine momentan noch unberechenbare Größe bezeichnet der "Weltrekordhalter" unter den Links-Werfern (88,36 Meter) die psychologische Seite der schweren Verletzung. "Sicher ist da vieles auch eine Kopfsache. Und ich muss zugeben, dass mir sogar jetzt noch ab und zu ein eiskalter Schauer über den Rücken jagt, wenn ich an den Moment denke, als es passiert ist. Ich werde mich da sicher ganz langsam herantasten müssen."

Bei allem, was der Sportsoldat nach seinem Schicksalsschlag anpackt, befolgt er eine alte Binsenweisheit: Die Zeit heilt alle Wunden. Und er wolle sie sich nehmen, die Zeit, und sich nicht selbst zu sehr unter Druck setzen oder mit überzogenem Ehrgeiz vielleicht sogar noch alles schlimmer machen, so der Weltmeister. "So schwer, wie es mir auch fällt, es langsam angehen zu lassen: Ungeduld ist in diesem Fall sicher der schlechteste Berater."

Und so haben sich Trainer Wollbrück und er im Herbst zusammengesetzt und einen groben Zeitplan gemacht: "Das ganz große Ziel sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio. Bis dahin haben wir noch etwas mehr als zwei Jahre Zeit, also werden wir nichts übers Knie brechen."

Zwei Meilensteine am Wegesrand wären die EM 2014 in Zürich und die WM ein Jahr später in Peking. "Die können, müssen aber nicht auf Teufel komm raus sein. Wir müssen ja auch erst einmal abwarten, wie sich das Ganze entwickelt, wenn ich im Januar wieder ins volle Training einsteige", macht de Zordo deutlich, dass auch in den nächsten Wochen und Monaten der Weg das Ziel ist. "Keiner weiß, was wird, aber an eines glaube ich ganz fest: Früher oder später kommt die Zeit, dass ich beweisen kann, dass der WM-Titel von 2011 keine Eintagsfliege war!"