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Doping bei Olympia Eiskalt erwischt

22.02.2014, 01:33

Sotschi I Thomas Bach wird bei seinen ersten Winterspielen als IOC-Präsident vom Doping-Fall der deutschen Evi Sachenbacher-Stehle überrascht. Die Biathletin beteuert ihre Unschuld: "Erlebe schlimmsten Alptraum."

Schock für das deutsche Olympia-Team und ein Doping-Trauma für Evi Sachenbacher-Stehle: Der positive Test der Biathletin bei den Winterspielen hat die deutsche Sotschi-Delegation mitten in ihrer sportlichen Misere eiskalt erwischt. "Ich erlebe gerade den schlimmsten Albtraum, den man sich vorstellen kann", klagte die 33-Jährige am Freitag in einer von ihrem Management verbreiteten Erklärung. "Ich kann im Moment allen Beteiligten nur ausdrücklich versichern, dass ich zu keinem Zeitpunkt bewusst verbotene Substanzen zu mir genommen habe", beteuerte Sachenbacher-Stehle. Sie werde alles daran-setzen, "diese Sache lückenlos aufzuklären".

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) teilte mit, dass sie bei einer Doping-Kontrolle am Montag nach ihrem vierten Platz im Massenstart-Rennen sowohl in der A- als auch in der B-Probe positiv auf das Stimulanzmittel Methylhexanamin getestet wurde. Die Athletin sei daraufhin aus dem Olympia-Team ausgeschlossen und "ihre sofortige Rückreise veranlasst und umgesetzt" worden. Über weitere Konsequenzen werde im Laufe des Verfahrens entschieden, das vom Biathlon-Weltverband IBU eingeleitet werden muss, hieß es in der DOSB-Mitteilung.

Sachenbacher-Stehle führt den positiven Test auf die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zurück. "Ich kann mir überhaupt nicht erklären, wie es zu der positiven Probe gekommen ist", ließ sie mitteilen. Entsprechende Athleten-Nahrung habe sie im Labor vorher überprüfen beziehungsweise "mir die Unbedenklichkeit von den Herstellern bestätigen lassen", um auf der sicheren Seite zu sein.

"Es ist leichtfertig, dass sie eine ganze Sportart in Verruf bringt"

Biathlon-Bundestrainer Uwe Müssiggang

Ein Ärgernis ist die Causa indes auch für den deutschen IOC-Chef Thomas Bach, der bei seinen ersten Winterspielen als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) ausgerechnet einen Doping-Fall eines deutschen Athleten aufarbeiten muss. "Es ist zuallererst ein singuläres Problem", sagte DOSB-Chef Alfons Hörmann. "Dass wir uns dieses Thema gerne erspart hätten, alle gemeinsam, ist vollkommen klar. Ohne wäre es um Längen schöner gewesen."

Der DOSB wurde am Donnerstagabend vom IOC über den positiven Befund informiert. "Für mich ist das ein Schock, weil ich sie so eingeschätzt habe, dass sie in ihrem Alter einen solchen Fehler nicht begeht", sagte Biathlon-Cheftrainer Uwe Müssiggang. "Es ist leichtfertig, wenn sie so eine ganze Sportart in Verruf bringt."

IOC-Präsident Bach hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen die Rekordzahl von 2453 Doping-Tests bei den ersten Spielen unter seiner Ägide angeordnet. Sachenbacher-Stehle ist in Sotschi der zweite Doping-Fall. Kurz zuvor bestätigte das Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI), den Bobfahrer William Frullani "wegen Dopings" aus dem Olympia-Team ausgeschlossen zu haben.

Bei den Winterspielen 1972 in Sapporo war Eishockeyspieler Alois Schloder als bisher einziger Deutscher bei Winterspielen positiv auf das Stimulanzmittel Ephedrin getestet. Ihm wurde die Einnahme des Stimulanzmittels Ephedrin nachgewiesen. 2002 hatte der Blutdoping-Fall des Langläufers Johann Mühlegg in Salt Lake City für einen Skandal gesorgt. Der gebürtige Deutsche startete allerdings für Spanien.

Auch Dopingexperte Werner Franke meldete sich in der Causa Sachenbacher-Stehle zu Wort: "Das ist ja ein Déjà-vu. In Turin 2006 - volle Pulle", sagte der Heidelberger Professor. Sachenbacher-Stehle war 2006 am Tag vor der Eröffnung der Winterspiele wegen erhöhter Blutwerte mit einer fünftägigen Schutzsperre belegt worden und musste sich das Auftaktrennen der Ski-Langläuferinnen von außen anschauen. Erst vor zwei Jahren wechselte sie zum Biathlon.

"Ich bin nur überrascht über die Dummheit, dass man sie noch so lange vor dem Wettkampf laufen lässt", so Franke. Biathlon sei eine "versaute Sportart". In den vergangenen Jahren seien hier Athleten wegen Dopings "serienweise aus dem Wege geräumt worden".