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Handball-Bundesliga Der "alte Grafenhorst", ja, er lebt noch!

SCM-Linksaußen Yves Grafenhorst hat keine spezielle Musik, die in der
heimischen Getec-Arena eingespielt wird, wenn er ein Tor erzielt. Die
wohl passendste musikalische Untermalung für den besten Schütze vom
Sonntag wäre der Holzmichel-Kulthit mit der Frage gewesen: Lebt denn der
alte Grafenhorst noch? Ja, er lebt noch, er lebt noch!

Von Janette Beck 11.03.2014, 01:21

Magdeburg l Es ist lange her, dass Yves Grafenhorst nach einem Spiel so strahlte wie am Sonntagabend. Das lag in erster Linie natürlich daran, dass der Linksaußen und seine Teamkollegen den Pflichtsieg gegen Tabellenschlusslicht TV Emsdetten mit einem klaren Ergebnis von 34:24 untermauert und die theoretische Chance auf das Erreichen des sechsten Platzes gewahrt hatten. "Vorausgesetzt, wir ziehen am Mittwoch nach und fahren gegen den Bergischen HC die nächsten zwei Pflichtpunkte ein", blickte der Linksaußen nur kurz nach dem Abpfiff schon wieder voraus. "Viel Zeit zum Nachdenken, Analysieren und Regenerieren bleibt uns in den englischen Wochen ja nicht, da geht es Schlag auf Schlag."

Sechs Tage vor seinem 30. Geburtstag am kommenden Sonnabend war Grafenhorst ganz offensichtlich aber auch mit sich selbst im Reinen. Er hatte nach einer monatelangen Durststrecke, bedingt nicht zuletzt durch eine hartnäckige Fußverletzung, ein richtig gutes Spiel gemacht. Und nicht nur das, nach seiner Einwechslung zur zweiten Halbzeit glänzte der Magdeburger Dauerbrenner (seit 2003 im Erstligakader) wie zu besten Zeiten aus acht Versuchen mit sieben Treffern. Das sind immerhin gut ein Drittel seiner bisherigen Saisonausbeute (23). Verständlich also, dass das Lächeln auf den Lippen nicht gequält, sondern ein Ergebnis der Selbstreflektion eines Mannes war, der von sich sagt: "Mein größter Kritiker bin ich selbst."

Doch der beste Schütze des Tages ist nicht nur selbstkritisch, sondern auch äußerst introvertiert. Dass er in den letzten Wochen und Monaten mit sich, der Welt und dem ständigen Auf und Ab gehadert hat, gesteht er nur auf Nachfrage. "Sagen wir mal so, ich habe schon bessere Zeiten erlebt. In der Hinrunde fiel ich fast komplett wegen der Verletzung aus. Danach hatte ich lange zu kämpfen, um auf ein vernünftiges Niveau bezüglich der Sprungkraft und Schnelligkeit zu kommen." Und obwohl er viel dafür in der Winterpause geackert hatte, verlief auch die Rückrunde bislang "eher suboptimal".

Eine Erklärung für das sich hinziehende Leistungs- und/oder Stimmungstief wäre vielleicht, dass Youngster Matthias Musche drauf und dran ist, ihm den Rang abzulaufen. Oder aber auch, dass dem grün-roten Handball-Herz im Januar ein Stich versetzt wurde, als der im Sommer auslaufende Vertrag lediglich für ein Jahr verlängert wurde. Aber Grafenhorst wiegelt ab, beides seien keine Gründe. "Dass auch auf meiner Position Konkurrenzkampf herrscht, ist nur normal. Damit muss und kann ich leben. Und auch das Vertragsangebot war okay, zumal es sich um ein Jahr plus Verlängerungsoption handel."

Doch woran lag es dann, dass er erst so spät den Makel des vermeintlichen "Chancentods" abstreifen und der "alte" Grafenhorst wieder zum Vorschein kommen konnte? Er erklärt es so: "Für mich war es eine völlig ungewohnte Situation, dass ich von der Bank aus ins Spiel kam und sofort zu 100 Prozent da sein musste. Das ist ein Lernprozess, aber so langsam komme ich damit klar. Dennoch muss ich noch weiter an der Konstanz arbeiten."