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Dritter Coach in sieben Monaten beim SCM Positive Effekte oder blinder Aktionismus

09.07.2014, 19:10

Magdeburg l In den letzten sieben Monaten ging es beim SCM, zumindest was den Trainerposten betrifft, recht unstetig zu. Im Dezember musste Frank Carstens seinen Hut nehmen. Uwe Jungandrea führte als Interimscoach bis Saisonende Regie und das Team aus der Krise (Platz sieben). In der neuen Saison bekommt nunmehr Geir Sveinsson das Ruder in die Hand.

Mit dem Isländer, der einen Zweijahresvertrag unterschrieben hat, verbinden die SCM-Fan-Gemeinde und nicht zuletzt auch die Vereinsführung um Manager Marc Schmedt und Sportchef Steffen Stiebler die Hoffnungen "auf konstanten Aufwind und mehr Stabilität", so Schmedt.

Die Krux an der Sache ist nur, ein Trainerwechsel stellt in jedem Fall eine Zäsur da, eine Veränderung, einen Neubeginn. Die Verantwortlichen setzen vor allem auf den psychologischen Effekt und das Lösen von Blockaden durch den besser kehrenden Besen. Von frischem Wind und neuen Ideen ist die Rede. All das will auch Sveinsson mit einbringen, aber auch er gibt zu allererst zu bedenken, dass es "Zeit und Geduld" braucht, bis die von ihm geschliffenen Rädchen ineinander greifen würden. Ganz abgesehen davon, dass nicht nur der Trainer neu ist, sondern gleich auch noch drei neue Spieler integriert werden müssten.

Rein statistisch gesehen würde ein Trainerwechsel kaum einen Effekt erzielen, meint Prof. Dr. Daniel Memmert. Der Leiter des Instituts für Kognitions- und Sportspielforschung an der Sporthochschule Köln führt als Beleg eine Studie im Fußball an. "Da wurden über mehrere Spielzeiten hinweg die letzten fünfzehn Spiele von alten Trainern mit den ersten fünfzehn Spielen von neuen Trainern verglichen, und in der Punkteausbeute war durchschnittlich kein Unterschied auszumachen."

Vielleicht ist das im Handball anders, die Statistik des SCM spricht zumindest dafür: Danach haben Trainerwechsel sehr wohl unterschiedliche Effekte erzielt (siehe Infokasten). So ist nicht zuletzt auch der gefühlte Aufwärtstrend durch Jungandreas am Ergebnis messbar: Mit 1,25 Punkten im Schnitt pro Spiel war der Sachse zumindest besser als seine letzten vier Vorgänger.

Die Magdeburger Professorin Heike Kugler, die im Bereich Business-Coaching und Sport-Psychologie tätig ist, sieht es so: "Ganz abstakt und losgelöst vom konkreten Fall SCM: Ich glaube, dass oft blinder Aktionismus zu einem Trainerwechsel führt und falsche Hoffnungen damit einhergehen. Die Verantwortlichen machen sich zu wenig Gedanken über Inhalte, Strukturen und Konzepte. Sie sollten sich fragen, was genau ein Wechsel bezwecken soll? Was besser werden soll und vor allem wie?"

Marc Schmedt hat klare Vorstellungen von dem, was der neue Coach bewirken soll: "Wir erhoffen uns von Geir Sveinsson, dass er die letzten zehn Prozent aus dem Team herauskitzelt, die uns im Vergleich zu den Spitzenteams fehlen. Seine Aufgaben sind es, die Entwicklung der Mannschaft qualitativ voranzutreiben, den Nachwuchs zu fördern und Konstanz in die Leistungen reinzubringen."