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Robert Stieglitz im Volksstimme-Interview "Ich will meinen Titel zurück"

Fast fünf Monate war SES-Boxer Robert Stieglitz im Anschluss an den verlorenen WM-Kampf gegen Arthur Abraham von der Bildfläche verschwunden. Jetzt ist er wieder da - mit neuem Selbstbewusstsein, neuer Stärke und neuer Motivation. Vor dem Comeback am 26. Juli in Dessau sprach Janette Beck mit dem Ex-Weltmeister.

19.07.2014, 01:18

Oh, ein Veilchen. Das Sparring hat offensichtlich reingehauen. Wie kommt`s?
Robert Stieglitz: Das passiert, trotz Kopfschutz. Da reicht ein unglücklicher Treffer aus. Aber im konkreten Fall war auch ein Kopfstoß meines ukrainischen Sparringpartners mit im Spiel.

Behindert Sie das blaue Auge?
Nein, nein. So schlimm, wie es aussieht, ist das nicht. Der Kampf ist nicht in Gefahr, ich habe ja noch eine Woche Zeit, da schwillt das sicher noch ab. Und dann kann`s endlich losgehen.

Sie können es wohl kaum erwarten?
Ja, ich bin bereit, ich brenne, denn dieser Kampf ist entscheidend für meine Zukunft. Eine Vorstufe, denn wenn ich gewinne und mich stark präsentiere, dann kann ich die Rakete zünden, um mir hoffentlich als Pflichtherausforderer den Titel zurückzuholen. Erst dann werde ich meinen Frieden finden.

Hand aufs Herz, wie oft haben Sie sich die Punktniederlage gegen Abraham angeschaut?
Zweimal, aber nur zur Selbstbestätigung.

Das müssen Sie erklären.
Ich wurde darin bestätigt, gegen die Punktrichter verloren zu haben. Da war Korruption im Spiel, und der eine Punktrichter wurde ja auch nicht umsonst gesperrt.

Aber Sie waren in der 12. Runde stehend K.o. Das war mehr als eindeutig.
Natürlich war ich das, ich wurde ja auch angezählt. Für die Zuschauer mag das auch entscheidend gewesen sein, für mich nicht. Denn in der Gesamtheit lag ich nach meiner Zählweise noch vier Runden vorn. Deswegen bin ich angefressen, deswegen kann ich das Urteil nicht akzeptieren, und deswegen will ich das richtigstellen.

Auf dem Weg zurück zum WM-Thron steht Ihnen zunächst im Kampf um die Interconti-Krone die Nummer neun der WBO-Rangliste, Sergey Khomitsky, im Weg. Alle warnen vor dem Weißrussen. Was macht den "Geist", wie er genannt wird, so gefährlich?
Er ist wendig, schnell, dynamisch und wirklich schwer zu treffen. Khomitsky hat vor gut zwei Monaten im Kampf um die WBO-Europameisterschaft wirklich sehr gut geboxt. Mit einem K.o. in der sechsten Runde gegen den ungeschlagenen Briten Frank Buglioni zu gewinnen, und das auch noch in England, das muss man erst mal machen. Ich bin also gewarnt.

Läuft so eine Vorbereitung auf einen Kampf eigentlich anders, wenn man nicht mehr Weltmeister ist?
Nein, ich hab das gleiche Programm wie immer abgespult. Die Vorbereitung dauerte zwölf Wochen, und in den letzten zwei Wochen habe ich zehnmal Sparring mit fünf verschiedenen Gegnern gemacht. Mal über sechs Runden, mal über acht Runden. Also alles ganz normal.

Ihr Trainer Dirk Dzemski sagt, Sie wären hungriger, bissiger und kaum zu bremsen gewesen im Training.
Das mag sein. Meine Motivation ist ja auch eine andere. Ich will nicht meinen Titel verteidigen, sondern ich will ihn wiederhaben. Nur das treibt mich an. Ich will so schnell wie möglich die Nummer eins der WBO-Rangliste erobern und mich damit in die Position als Pflichtherausforderer des Weltmeisters schieben.

Meinen Sie, das geht so einfach nach nur einem Kampf? Immerhin heißt der Champion Arthur Abraham - und dem Vernehmen nach ist der Sauerlandstall alles andere als scharf auf ein viertes Duell.
Arthur wurde von der WBO im umgekehrten Fall auch nach nur einem Kampf zum Pflichtherausforderer ernannt - also gleiches Recht für alle! Ob sich Arthur der Sache dann stellt, wenn er noch Weltmeister ist, steht auf einem anderen Blatt. Sauerland wird sicher alles Mögliche und Unmögliche tun, um so viele Weltmeister wie möglich im Stall zu haben, wenn er um einen neuen TV-Vertrag verhandelt. Aber das ist Zukunftsmusik. Ich mache meinen Job und mein Promoter macht, wenn es dann soweit ist, seinen Job. Da habe ich vollstes Vertrauen.