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Rudern Schnellstart auf dem Kopfsteinpflaster

Von Daniel Hübner 05.08.2014, 03:20

Berlin l Bernd Stumpe hat nur vor dem geistigen Auge sein Fahrrad bereits geputzt, in Wirklichkeit, berichtete er, ist das nämlich gar nicht nötig. "Die Fahrradstrecke in Hamburg ist bescheiden, man kommt als Trainer nicht die komplette Strecke mit", sagte der Landestrainer Sachsen-Anhalts über die Regattabahn im Wasserpark Dove-Elbe.


Deshalb müssen seine Schützlinge also einen Teil der 2000 Meter langen Distanz ohne hörbare Anweisungen des Coaches vom Uferrand absolvieren, wenn es ab Mittwoch um eine Medaille, gar um den Titel bei der U-19-WM der Ruderer geht. Aber Stumpe macht sich mit oder ohne sein lautstarkes Zutun vor allem um den Doppelzweier die wenigsten Gedanken. "Das Boot macht einen guten Eindruck, und die Jungs sind optimistisch", betonte er im Trainingslager in Berlin-Grünau, während sich die Jungs müde über das Gelände schleppten.

Diese Jungs sind auch irgendwie alte Hasen in diesem Geschäft, sie sind Weltmeister 2013 geworden in Trakai (Litauen), der eine im Doppelzweier, der andere im Doppelvierer. Sie sind Europameister 2014 geworden in Hazelwinkel (Belgien) - nunmehr gemeinsam. Und sie wollen entsprechend gemeinsam Weltmeister werden in Hamburg. Die Jungs heißen Philipp Syring und Max Appel, sie starten beide für den SCM. Und wenn die WM vorbei ist, fährt der eine, Appel, in den Urlaub nach Rom (Italien), und der andere, Syring, sucht sich seine erste eigene Wohnung in Magdeburg.

Die Jungs haben aber nicht nur für die Zeit nach den Titelkämpfen einen Plan, sie haben ihn erst recht für ihre anvisierte Goldfahrt, die für den kommenden Sonntag terminiert ist. "Unsere Stärke ist es: vorne gut rausfahren, zur Mitte die Kraft einsetzen, die anderen deshalb distanzieren und dann das Feld dominieren", gab der 18-jährige Appel eine Zusammenfassung. "Die Alternative ist eine Steigerungsfahrt: das Tempo während des Rennens immer weiter verschärfen und den Druck halten", berichtete der 17-jährige Syring. Daran haben sie im Trainingslager auf dem eher ruhigen Fluss Dahme gearbeitet. "Wenn man das richtig beherrscht, hat die Konkurrenz auch keine Nerven dagegenzuhalten", ist sich Syring sicher.

Coach Stumpe plädiert zunächst für Taktik Nummer eins, er hat die Stärke dieses Bootes nicht erst im Juli in Berlin, sondern bereits Anfang Mai bei der Internationalen Regatta in München gesehen, als Syring und Appel ihr Finale gewonnen haben. "Der Zweier ist sehr startschnell, man konnte beobachten, wie die beiden auf den ersten 250 Metern eine dominante Position einnehmen. Diese Stärke sollen sie auch auf den ersten 500 Metern bei der WM ausspielen."

Dass sich der Deutsche Ruderverband (DRV) einiges von den Magdeburgern erhofft, dafür liefert allein das Gesamtziel das entsprechende Indiz: "Wir wollen in der Nationenwertung den ersten Platz belegen", berichtete Stumpe. Und Philipp Syring und Max Appel wollen ihren Beitrag dazu leisten. "Ich möchte wieder den Titel holen" oder "Ich möchte auf jeden Fall die Leistung aus dem vergangenen Jahr bestätigen": Egal, was oder wie sie es sagen, es kommt immer "Weltmeister" dabei raus.

Bernd Stumpe ist für dieses Ziel ebenfalls optimistisch, trotzdem verweist er nicht nur auf den bescheidenen Radweg für die Coaches, sondern auch auf die Regattastrecke selbst: "Unter Umständen", erklärte er nämlich zum eher unruhigen Wasser, "ist Hamburg ein schwieriges Pflaster, man kann dort nicht von einer Autobahn sprechen, die Strecke ist eher von Kopfsteinpflaster durchsetzt." Zumindest prophezeit der Wetterfrosch für das Wochenende die permanente Rückkehr der Sonne und Temperaturen um die 26 Grad. Für solch ein "Wetterchen" könnte Stumpe durchaus mal das Fahrrad putzen.