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Schwimmen Poul Zellmann sagt der eigenen Enttäuschung den Kampf an

Von Daniel Hübner 29.10.2014, 02:19

Magdeburg l Das letzte Bild, das von Poul Zellmann aus der vergangenen Saison in Erinnerung geblieben ist, hätte es in der Rangliste der traurigen Momentaufnahmen an die Spitze geschafft: Anfang Mai bei den deutschen Meisterschaften im Berliner Europapark saß der 19-jährige Schwimmer des SC Magdeburg neben einer Massagebank in der hintersten Ecke der Halle, mit Kopfhörern auf den Ohren, den Körper in Trainingsjacke und Handtuch versteckt, den Blick zum Fliesenboden gerichtet. Er hatte gerade Platz vier über 400 Meter Freistil belegt, was eigentlich glänzend war, er hatte aber auch die Norm für die Europameisterschaft in Berlin um drei Zehntelsekunden verpasst, was für ihn sehr enttäuschend war. "Die Enttäuschung hält auch noch ein Weile an", sagte er - und zwar am ges- trigen Dienstagmittag, fast sechs Monate später, am Telefon.

Wer mit Zellmann telefoniert, muss immer mit dem Spaßfaktor rechnen. Nur beim Thema Schule stellt sich Spontanverschnupfung am anderen Ende der Leitung ein. Zellmann sagte: "Am liebsten würde ich heute meine ganzen Prüfungen schreiben und dann nur noch trainieren." Es ist ein wichtiges Jahr für ihn, im Wasser wie auf der Schulbank. Er ist ins Perspektivteam des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio (Japan) aufgenommen worden. Und er schreibt im kommenden Frühling sein Abitur.

Das neue Perspektivteam zählt zehn junge Damen und acht junge Herren, die sich in dieser Saison zu 16 gemeinsamen Wochen auf Lehrgängen treffen. Projektleiter ist Bundestrainer Henning Lambertz. Und laut dessen Plan ist Zellmann für die Freistilstrecken 200 bis 1500 Meter eingeteilt. "Natürlich ist es eine Anerkennung, ins Team aufgenommen zu werden", sagte Zellmann. "Wir absolvieren entsprechend ein sehr intensives Pensum. Aber am Ende muss es sich auch lohnen." Und zwar in zweifacher Hinsicht.

Erster Lohn: Lambertz hat in seinem Projekt nicht nur an den Sport gedacht. "Bei den Trainingsmaßnahmen sind auch immer Lehrer dabei, damit der Rückstand in der Schule nicht allzu groß wird", berichtete Zellmann. Das Abitur muss auf diesem Weg zu packen sein. Zweiter Lohn: Zellmann will naürlich nicht mehr zum Perspektivteam zählen im Jahr 2020, er ist dann 25 Jahre, sondern zum Olympiateam. In diese Kategorie haben es vom SCM Franziska Hentke und Rob Muffels mit Blick auf Rio 2016 aktuell geschafft.

Zellmanns neue Saison steht unter dem Titel: "Die WM in Kazan wäre eine tolle Sache." Im August 2015 werden in Russland die neuen Weltmeister gesucht. Wenn Zellmann nur die Norm für die Wettkämpfe schaffen würde, wäre zugleich jegliche Enttäuschung aus der Vergangenheit aus seiner Erinnerung gelöscht. Nach der WM wird Lambertz mit seinem Perspektivteam jedenfalls Bilanz ziehen. "Und dann wird sich zeigen, wohin der Weg führt", weiß Zellmann. Auf jeden Fall weiter.