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Boxen Vom Facebook-Freund zum Gegner

Schwergewichtler Tom Schwarz befindet sich auf dem direkten Weg zum Olymp. Erstes Etappenziel ist die Junioren-WM.

Von Janette Beck 10.11.2015, 00:01

Magdeburg l Ich will es! Ich kann es! Ich tue es! Diese drei Sätze muss Tom Schwarz nicht wie ein Mantra vor sich hertragen. Sie kommen dem 21-Jährigen, der sich lässig im Sessel eines Cafés in der Magdeburger Innenstadt lümmelt, während des Gesprächs ganz locker und mit einem breiten Lächeln über den Lippen. Sozusagen aus dem Bauch heraus und mit dem Brustton tiefster Überzeugung. Das personifizierte Selbstbewusstsein halt.

Dabei kommt der gebürtige Hallenser aber weder arrogant rüber, noch wirken seine Worte wohlüberlegt oder eingeübt. Schwarz macht sich „einfach keine Platte“, er ist wie er ist: „Bodenständig und normal würde ich über mich sagen.“ Und das macht den in 14 Profikämpfen ungeschlagenen Boxer, der als größte deutsche Schwergewichtshoffnung gehandelt wird, so sympathisch.

Genau wie die Bestellung: Von wegen Sportlernahrung, Riesen-Hamburger mit Pommes soll es sein. Schwarz ist überzeugt davon, dass er sich das verdient hat. Er hat eine „hammerharte Vorbereitung“ hinter sich. Und auch das Sparring ist „hervorragend gelaufen“. Drei Sparringspartner mussten dran glauben. Mit zwei Boxern hat er am Freitag das Wettkampf-Sparring über zehn Runden bestritten. Beide hatten, so Augenzeugen, nicht den Hauch einer Chance.

Mit dem Lieblingsessen will sich der Schützling von SES-Chefcoach und „Ziehvater“ Dirk Dzemski auf die Schnelle belohnen. Mit dem WM-Gürtel am Sonnabend soll die langersehnte große Belohnung folgen: „Ich habe davon geträumt, mir den Schwergewichts-Gürtel bei den Junioren zu holen. Dafür habe ich mich im Training gequält wie noch nie. Jetzt ist es soweit, ich bin in der Form meines Lebens und werde mich von niemandem aufhalten lassen.“

Das Problem ist nur: Der Kasache Ilja Mezencev ist kein Niemand. Auch wenn es zunächst den Anschein hatte. Denn das Kennenlernen des Gegners im Kampf um die Junioren-Krone der WBO ist eine Geschichte für sich: Bei der SES-Boxgala unlängst in Leipzig sprach den Wahl-Magdeburger ein Mann im Anzug auf der Toilette an. „Schön, dich mal persönlich kennenzulernen, wir sind auf Facebook befreundet. Weißt du, wer ich bin?“, erinnert sich Schwarz an das WC-Gespräch. Als dieser verneinte, verabschiedete sich sein Gegenüber mit Handschlag und den Worten: „Du wirst noch von mir hören.“ Das habe ihn stutzig gemacht, so der einstige Amateur (54 Kämpfe/41 Siege). „Aber dann habe ich das auch schnell vergessen. Als wir bei der ersten Pressekonferenz aufeinandertrafen, wusste ich Bescheid ...“

Nun also werden aus Facebook-Freunden Gegner im Ring. Und Schwarz weiß inzwischen auch, dass Ilja Mezencev ein in Hamburg lebender K.o.-König ist (10 Kämpfe/10 Siege). Das ringe ihm Respekt ab: „Ich erwarte einen Kampf auf Augenhöhe. Doch auch wenn Mezencev der bisher stärkste Gegner in meiner Karriere sein wird und er ein netter Kerl ist – tut mir leid, im Ring werde ich ihn zerstören.“

Alles andere als ein Sieg hat in der Gedankenwelt des Tom Schwarz auch keinen Platz. Das Regal über dem Fernseher ist bereits für den Gürtel leergeräumt. Und seit Tagen habe er vor dem Einschlafen immer die selben Bilder im Kopf: „Ich stehe im Ring, habe den Gürtel in den Händen und lasse mich feiern.“ Diesen Kampf werde der gewinnen, der es mehr will, sagt Schwarz. Die Frage, wer das ist, erübrigt sich für ihn.