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Leichtathletik „Doppeltes Lottchen“ im Kugelstoßring

Emely Groß (15) und Jule Steuer (16) sind das „doppelte Lottchen“ der SCM-Leichtathleten.

Von Janette Beck 28.11.2015, 00:01

Magdeburg l Bei Emely Groß ist der Name Programm. Die im altmärkischen Arendsee geborene Kugelstoßerin ist mit 16 Jahren bereits stattliche 1,85 Meter groß und wiegt über 100 Kilo. Mit zehn Jahren begann sie mit der Leichtathletik, und schnell kristallisierte sich heraus, dass ihr die Wurf- und Stoßdisziplinen liegen. Kein Wunder, wurde ihr das Talent doch quasi von den Eltern in die Wiege gelegt. Die Mama ist bis zuletzt aktiv gewesen, hat es sogar schon zum Weltmeister-Ehren im Ultra-Steinstoßen (25 Kilo) gebracht.

Doch erst seit Emely beim SC Magdeburg bei Erfolgs-Trainer Klaus Schneider trainiert, hat sie den Dreh raus. „Herr Schneider meinte, ich sollte es doch mal mit der Drehstoßtechnik versuchen“, erinnert sich die Schülerin der 10. Klasse der Magdeburger Sportsekundarschule, die sie seit 2012 besucht. Mit seiner Intuition lag der Trainer, der bereits Kathrin Neimke und Nadine Kleinert beim SCM zu Weltklasse-Athleten formte, offensichtlich goldrichtig. „Auf einmal platzte der Knoten und ich konnte meine Bestleistung innerhalb von 18 Monaten um zwei Meter steigern“, so die 16-Jährige, die sich im Sommer mit ihren Hausrekord von 16,68 Metern für eine Teilnahme an den Europäischen Olympischen Jugendspielen in Tiflis empfahl.

Dass das „Küken“ dort nicht nur olympisches Flair schnuppern durfte, sei schon „echt geil“ gewesen, stellte Freundin und Trainingsgefährtin Jule Steuer neidlos fest. Dass sie von Tiflis sogar mit einer Bronzemedaille heimkehrte, habe sie förmlich umgehauen, aber auch motiviert. „Ich habe mich tierisch gefreut für Emely. Das war echt stark. Und als sie zurückkam, haben wir uns geschworen, es im kommenden Jahr bei der Premiere der U18-EM an gleicher Stelle krachen zu lassen“, so die 15-Jährige.

Dass sie es ernst meinte, deutete sich bereits wenig später bei den Deutschen U16-Meisterschaften an. Die Magdeburgerin, die bereits mit viereinhalb Jahren bei den SCM-Leichtathleten „herumturnte“ und in der 5. Klasse den Sprung zur Sportschule schaffte, holte sich mit 15,31 Metern den Meistertitel. „Aber da war eigentlich noch mehr drin, wenn man bedenkt, dass ich in der Saison meine Bestleistung auf 15,92 Meter geschraubt hatte“, sagt sie selbstbewusst.

Und in der Tat war für die 1,75 Meter große Kugelstoßerin, deren Stärke die Schnellkraft ist und die deshalb die klassische Angleittechnik bevorzugt („Ich bin ein motorischer Trottel und fürs Drehstoßen völlig ungeeignet“), aufgeschoben nicht gleich aufgehoben. Im Gegenteil: Die neue Saison begann gleich mit einem Knaller. Beim Hallenmeeting am vergangenen Wochenende in Wolmirstedt gewann Emely Groß den Wettkampf in der U18 mit persönlicher Hallenbestweite von 15,43 Meter. Jule Steuer wuchtete die Drei-Kilo-Kugel in der U16 sogar auf starke 16,54 Meter. „Ich war total happy, dass ich gleich im ersten Wettkampf meinen Hausrekord in der Halle um mehr als einen halben Meter toppen konnte. So kann’s weitergehen.“

Dass sowohl Emely als auch die ein Jahr jüngere Jule vor Schneider von Nachwuchstrainerin Nadine Kleinert unter den Fittichen genommen worden waren, bezeichnen beide übrigens als Glücksfall: „Wenn man ein solches Vorbild im eigenen Verein und dann noch als Trainerin vor sich hat, kann das nur motivierend sein. Sie hatte es drauf, also hat‘s auch der Trainer drauf. Das ist ein beruhigendes Gefühl“, ist Jule Steuer überzeugt, dass es weiter aufwärts geht.

Wenn es da nicht noch zwei kleine Haken gebe. Zum einen starten die „Ruhe in Person“ Emely und der „Wirbelwind“ Jule ab dem kommenden Jahr gemeinsam in einer Altersklasse (U18). Dass dann die Konkurrenz die Freundschaft zerstören könnte, befürchten sie nicht. „Und wenn doch, dann war es keine Freundschaft“, sieht es Jule pragmatisch, während ihre Freundin meint, „es sollte kein Problem sein, das eine vom anderen zu trennen“. Wesentlich problematischer gestaltet sich die Trainerfrage, denn Herr Schneider sei nun mal nicht mehr der Jüngste. „Aber auch wenn er inzwischen 65 geworden ist, er hat versprochen, uns mindestens noch zwei Jahre zu begleiten.“