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Rennrodeln Gelassen im Eiskanal

Harzer gehen auf Titeljagd: Für Tatjana Hüfner und Toni Eggert startet am Freitag die Rennrodel-WM in Königssee.

Von Daniel Hübner 29.01.2016, 00:01

Königssee/Magdeburg l Tatjana Hüfner ist herrlich gelassen in letzter Zeit, das ist selbst am Telefon zu hören. Über ihren Sieg in Oberhof vor knapp zwei Wochen hat sie sich gefreut, als wäre es der erste ihrer Karriere gewesen. Dabei war es bereits der 34. Erfolg in ihrer 13. Weltcup-Saison. Aber selten zuvor hat die Rennrodlerin so schön gelacht und gejubelt, was auch ihrer Vorgeschichte geschuldet sein mag. Denn die Blankenburgerin hat sich im Juli 2015 die Achillessehne im Trainingslager gerissen. Und aufgrund dieser Konstellation sagt sie: „Ich bin auch überrascht über den deutlichen Aufwärtstrend. Mit dem Sieg in Oberhof habe ich schon mehr erreicht, als ich mir zu Beginn dieser Saison ausgerechnet hatte.“

Diese Gelassenheit hat sie gleich mal mitgenommen nach Königssee, wo am heutigen Freitag die Weltmeisterschaft beginnt. Und zwar mit dem Sprintrennen, das seine WM-Premiere feiert, bei dem nur ein Wertungslauf zu absolvieren ist, in dem wiederum die Zeitmessung erst 100 Meter nach dem Start beginnt. Diese neue Disziplin soll olympisch werden, derzeit ist er nicht viel mehr als ein statistischer Eintrag ins WM-Buch. Interessant wird es erst mit der traditionellen Normalität. Wenn nämlich am Sonnabend das Rennen mit den obligatorischen zwei Läufen gestartet wird – für die Doppelsitzer ab 12.45 Uhr, für die Damen ab 15.20 Uhr. Hüfner sagt: „Ich kann gelassen rangehen. Aber ich muss auch niemandem etwas vormachen: Ich habe natürlich den Ehrgeiz zu gewinnen.“ Wie sie den WM-Titel bereits viermal im Einzel gewonnen hat. Und wie sie in Königssee bereits vier Weltcup-Rennen gewonnen hat.

Beides fehlt noch im Karrierebuch des Ilsenburgers Toni Eggert. Mit seinem Doppelsitzer-Partner Sascha Benecken ist er in der sechsten Saison unterwegs, bislang sind sie zweimal Vizeweltmeister geworden, dreimal haben sie bei einem Weltcup in Königssee Platz zwei erreicht. „Natürlich wollen wir Gold holen, aber es wird sehr schwer“, sagt Eggert.

Bei ihm war zuletzt in Oberhof die Euphorie nicht ganz so groß wie bei Hüfner. Eggert/Benecken hatten dort einen Bahnrekord vorgelegt, den die amtierenden Weltmeister Tobias Wendl/Tobias Arlt aus Bayern sogleich um drei Zehntelsekunden unterboten. Das war erstaunlich. Oder wie Eggert sagt: „Sie hatten ein unfassbares Setup“ – also Material.

Am Material bastelt der 27-Jährige auch Jahr für Jahr. Und mit dem Ereignis Oberhof „sind mir auch keine Zweifel gekommen, ich bin mir sicher, wir haben alles richtig gemacht“. Mit ThyssenKrupp hat er einen Partner gefunden, der ihn mit der Hardware wie eine neue Carbonschale unterstützt. Und extra für Königssee „wurden neue Schienen zurechtgeschnitten. Sie funktionieren gut“, sagt Eggert nach den ersten Einheiten in der bayerischen Idylle. So viel Idylle hat dort nicht jeder empfunden. Am Dienstag hat Eggert von sechs Stürzen im Training berichtet.

Die Bahn in Königssee ist nämlich anspruchsvoll. Die Eckdaten für Damen und Doppelsitzer lauten: 1240 Meter lang, zwölf Kurven. Vor den Männern liegen im Einzel am Sonntag 1362 Meter mit 16 Kurven. Am flachen Start sind sieben statt der üblichen vier Paddelschläge nötig, um in Schwung zu kommen.

Und in Schwung kommen wollen sowohl Eggert/Benecken als auch Hüfner. Sie sagen: „Es macht Spaß, diese Bahn zu fahren.“ Sie können zudem beide den Druck gelassen weitergeben: Denn die Sotschi-Olympiasieger Natalie Geisenberger und Wendl/Arlt haben in Königssee den Heimvorteil.