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Eishockey-WM: Nach 1:3 gegen Schweden belegt Krupp-Team Platz vier / Bestes Resultat seit 57 JahrenSensationell im Halbfinale – dennoch Deutschland vor ungewisser Zukunft

25.05.2010, 05:18

Der Bundestrainer denkt an Abschied, der Generalsekretär droht mit Rücktritt, und das beste deutsche Eishockey-Team seit 57 Jahren steht vor einer ungewissen Zukunft. Trotz des sensationellen vierten Platzes bei der Heim-WM und des riesigen Potenzials im jungen Team von Coach Uwe Krupp wachsen beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB) schon wieder die Sorgen.

Köln (dpa). Obwohl DEB-Generalsekretär Franz Reindl in dem von Krupp zusammengestellten Team die beste deutsche Nationalmannschaft überhaupt sah, hat sich der Bundestrainer noch nicht entschieden, ob er die Entwicklung weiter vorantreiben und seinen Vertrag verlängern will. "Jetzt müssen wir erst mal etwas abschalten und durchschnaufen, dann muss ich mir einige Dinge durch den Kopf gehen lassen und in Ruhe entscheiden", sagte Krupp nach der durch das 1:3 im "kleinen Finale" knapp verpassten Medaille gegen Schweden.

Der 44-Jährige wirkt zermürbt von den Grabenkämpfen zwischen DEB und der Liga DEL, dem Nachwuchsproblem und der aus seiner Sicht mangelnden Unterstützung für das Nationalteam. "Wir haben natürlich unsere Kämpfe zu fechten im deutschen Eishockey", bekannte Krupp. Die Zeichen stehen auf Trennung. "Mein Gefühl ist eher negativ", sagte Reindl. Er habe den Eindruck, dass Krupp "vielleicht eher was anderes machen will". Es gebe aber "noch keinen Plan B".

Als Alternativen gelten Krupps Assistent und künftiger Mannheim-Coach Harold Kreis, Ex-Schweiz-Coach Ralph Krueger und Ex-Bundestrainer Hans Zach.

Unabhängig von der Personalie Krupp erwägt auch Reindl wegen des Dauerstreits mit der DEL seinen Rücktritt. "Wenn man nicht den großen Wert auf Einigkeit legt, muss man sich schon überlegen, ob man sich das noch weiter antut", sagte Reindl. In den kommenden Wochen werde er in Gesprächen mit den Clubs und Vertretern des Ligaverbands noch einmal für eine bessere Zusammenarbeit werben. "Da werde ich meine Vorstellungen präsentieren, über das, was sich meiner Meinung nach ändern muss", sagte Reindl. Sollte die Liga seinen Vorstellungen nicht folgen, "dann muss man Konsequenzen ziehen", warnte Reindl. "Parolen helfen gar nicht, sondern nur Taten."

Nach der aus sportlicher Sicht überaus erfolgreichen WM will der DEB aber noch einmal um Krupp kämpfen. "Wir werden uns sofort zusammensetzen – mit der großen Hoffnung, dass die Spieler ihn überzeugen können, dass sie weiter von ihm trainiert werden wollen", sagte DEB-Präsident Uwe Harnos. Zum Wochenende ließ der DEB sogar Krupps krebskranke Frau Valerie aus den USA einfliegen. Diese hatte Krupp vor der WM überredet, nicht wegen ihrer Erkrankung zurückzutreten.

Dabei sieht Star-Verteidiger Christian Ehrhoff von den Vancouver Canucks, der zusammen mit Torhüter Dennis Endras als erster Deutscher nach 23 Jahren wieder in ein All-Star-Team gewählt wurde, im von Krupp geformten Team noch Steigerungspotenzial. "Die Mannschaft ist sehr jung und hat die Zukunft noch vor sich", sagte Ehrhoff. Reindl stufte die Leistung sogar noch höher ein als die der Bronze-Gewinner bei Olympia 1976.

Ob sich der Erfolg aber wiederholen lässt, ist fraglich. "Es ist weiterhin ein schmaler Grat zwischen Abstiegsrunde, Zwischenrunde und auch mal dem Viertelfinale", warnte Krupp, der mit Goc, Ehrhoff, Alexander Sulzer und Robert Dietrich Leistungsträger aus Nordamerika zur Verfügung hatte. "Aber bei uns bleibt natürlich auch immer die Frage der Personaldecke. Die kann schnell eng werden", sagte Krupp.Verteidiger Korbinian Holzer wechselt sicher zu den Toronto Maple Leafs. Auch andere Cracks, allen voran der zum besten WM-Spieler gekürte Torhüter Endras, spielten sich in den Fokus der NHL. So ist es fraglich, ob dieses Team 2011 noch einmal bei der WM in der Slowakei aufläuft. Mit den Gruppengegnern Russland, dem Gastgeber und Aufsteiger Slowenien hat das DEB-Team dann ein hartes Programm vor der Brust. "Das wird nächstes Jahr wieder eng", warnte Routinier Daniel Kreutzer. Ganz sicher nicht mehr dabei ist Kreutzers Sturmpartner Sven Felski. Der 35-jährige Ur-Berliner absolvierte gegen Schweden sein letztes Länderspiel.