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Schwimmen Zwei Weltstars und ein Moment, in dem sie Welten trennen Phelps sagt Danke, Biedermann sucht Fehler

Von Rudi Bartlitz 02.08.2012, 03:21

Mit Michael Phelps und Paul Biedermann standen zwei Stars, die den Weltschwimmsport in den zurückliegenden Jahren entscheidend mitprägten, in der Nacht zu gestern im internationalen Presse-raum dicht nebeneinander, und doch trennte sie in diesem Moment so viel.

London l Phelps war soeben mit dem Sieg der US-amerikanischen 4x200-m-Freistilstaffel zum erfolgreichsten Athleten aufgestiegen, den die olympische Geschichte je gesehen hat. Paul Biedermann, der Hallenser, der vor drei Jahren bei der WM in Rom dem US-Sonnyboy die Show gestohlen hatte, wiederum musste erklären, warum das deutsche Quartett es trotz einer phänomenalen Leistung als Vierter nicht aufs Treppchen geschafft hatte und er wahrscheinlich ohne eine Plakette aus London abreisen muss.

Die Journalisten erlebten an diesem für ihn historischen Abend - mit nunmehr 19 Medaillengewinnen hat der 27-jährige US-Amerikaner die bisher führende Turnerin Larissa Latynina (UdSSR/18 Plaketten) an der Spitze der Liste der erfolgreichsten Olympioniken abgelöst - einen anderen Phelps. Er erinnert nur noch wenig an jenen Glamour-Boy von 2008. Geradezu demütig dankte er seinen Staffelkameraden, dass sie ihm als Schlussschwimmer diesen Triumph ermöglicht haben. Vor vier Jahren wäre eine solche Geste noch undenkbar gewesen. Phelps: "Ich habe sie vorher angebetet: Gebt mir bloß genug Vorsprung mit. Wenn sie das nicht getan hätten, wäre es möglicherweise nichts mit dem Gold geworden."

Es sei ein "sehr besonderer Moment" gewesen, die Goldmedaille zu bekommen und zugleich in den absoluten Olymp aufzusteigen, fügte Phelps noch hinzu. "Ich habe in dem Moment zu meiner Mutter, der ich so viel verdanke, auf der Tribüne geblickt. Mehr kann ich nicht sagen."

Viel sagen wollte Biedermann eigentlich auch nicht. "Wenn ich ein wenig schneller gewesen wäre, wer weiß, vielleicht hätten wir dann die Chinesen packen können. Ich suche den Fehler zuerst bei mir. Aber wie die Jungs, vor denen ich den Hut ziehe, sich reingehauen haben, das gibt Kraft, schon einmal auf 2016 vorauszublicken."

Sein eigenes London-Fazit wollte der 25-Jährige, der während des Gesprächs gedankenverloren an seinem Handtuch knotete, noch nicht ziehen, bestritt aber, er habe "eine Blockade" gehabt. "Noch verstehe ich nicht ganz, was hier abgelaufen ist. Es ist schwer, das zu verkraften. Mut für die Zukunft gibt mir allerdings, dass es mir gelungen ist, mich noch hier in London zumindest aus dem absoluten Tief herauszuziehen."