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Rio 2016 Olympiagefühl in 75 Teilen

Ein Olympiagefühl in 75 Teilen hat SCM-Ruderer Marcel Hacker bei der Einkleidung für seine fünften Sommerspiele erhalten.

Von Daniel Hübner 23.07.2016, 18:48

Magdeburg l Das Buch ist 46 Seiten dick, und darin stehen lauter bunte Informationen. Welches Shirt in welcher Farbe darf der Athlet zu welchen Anlässen und in welcher Umgebung tragen: Das sind die Rio-Fragen, die auch Marcel Hacker in der Anleitung zum „chic sein“ vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) beantwortet werden. 75 Teile, von der Sonnenbrille über drei Paar Schuhe, Jogginganzüge, eine „Panzerjacke“, wie Hacker den schweren, schwarzen Mantel für die Eröffnungszeremonie (5. August/23 Uhr MESZ) und Abschiedsveranstaltung nennt, bis hin zu den Taschen umfasst die Ausstattung für jeden der 454 Sportler bei den Spielen an der Copacabana. „Einiges gefällt mir richtig gut, einiges ist recht gewöhnungsbedürftig, aber wie immer zu Olympia: alles überraschend“, sagte der 39-jährige Ruderer vom SC Magdeburg.

Blankenburg, Hackers Wahlheimat, wenige Stunden nach der Olympia-Einkleidung am 8. Juli in der Bundeswehr-Kaserne in Hannover: Hacker packte aus, auf dem Flur in der Wohnung, auf dem Balkon mit Blick auf den Harz. Und seine Gattin Katina war immer noch freudig erstaunt über ihren Mann. „Er ist schon um 4 Uhr aufgestanden“, erzählte sie. Hacker hielt es am frühen Morgen nicht mehr in den Federn. „Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind, obwohl es schon meine fünften Spiele sind. Aber genau das macht mich mächtig stolz“, berichtete der 1,96-Meter-Hüne. Vor Olympia gibt es so viele spannende Momente: Wie schlage ich mich in der Qualifikation? Werde ich letztlich für die Spiele nominiert? Und zu guter Letzt: Was kriege ich zum Anziehen?

Letztere Frage wurde in der Vergangenheit nicht immer mit ästhetischem Wohlgefallen beantwortet. Hacker in Sydney, wir schreiben das Jahr 2000: „Da haben wir einen Pullover bekommen, absolut gruselig in der Farbgebung. Der war hässlich und dunkelgelb.“ Hacker in London, zwölf Jahre später: „Das Zartrosa für Männer fand ich zunächst irgendwie schwierig, aber mit dem Gruppenzwang hatte man sich schnell dran gewöhnt.“

An die neuen Farben muss er sich nicht gewöhnen. Es gibt schwarz, weiß, rot, gelb, grün, silber oder türkis. Vor allem ist das Zeitalter der Uniform völlig begraben worden. Hacker: „Sonst mussten wir ja immer einen Anzug tragen, diesmal sind wir sportlich leger unterwegs. Von der Funktionalität her ist es das Beste, was ich erleben darf. Man merkt, dass es im Design einen Generationswechsel gegeben hat.“

Dafür standen offenkundig die richtigen Berater zur Verfügung: Erstmals nämlich durften unter anderem mit Miriam Welte (Bahnrad), Philipp Rabente (Hockey) und Denise Schindler (Paracycling) zwei Olympiateilnehmer und eine Paralympics-Starterin beim Entwurf des von „adidas“ designten Equipments mitdenken. Resultat: „Die Kleidung ist elegant und super angenehm“, hatte Rabente bei der Vorstellung im April erklärt.

Rausgekommen sind zudem Einstickungen von „#WirfürD“ (zugleich das Kommunikationskennwort in den sozialen Netzwerken) am Kragen oder ein „G“ für Germany auf dem Basecap. Die Sprache der Jugend hat den steifen Duktus der Erwachsenen überholt. Es gibt auch keine altmodischen Koffer, sondern Taschen in Rot, den Rucksack in Grün, die rot-weiße Sonnenbrille mit gespiegelten Gläsern, Wollmütze und Schal. Und Sachen, so viele Sachen – die gesamte Ausrüstung für die deutsche Mannschaft hat rund neun Millionen Euro gekostet, ein Drittel mehr als die Ausstattung für London 2012. „Das darf ich alles nach den Spielen behalten“, freute sich Hacker.

Tolle Details warten außerdem: Zur Siegerehrung könnte Hacker neben der schwarzen, geriffelten Hose und der silbernen Jacke mit „Germany“-Aufdruck die roten Sportschuhe mit Schnürsenkeln ganz nach Medaillenfarbe anziehen. Dieses Outfit zumindest wird er in der 46-seitigen Anleitung nicht noch einmal nachlesen müssen: Sein Finale im Doppelzweier mit dem Rostocker Stephan Krüger steigt am 11. August.